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Politik: Mahnung an den Freund

London erinnert Washington an ein Versprechen: Nach dem Krieg sollen die UN das irakische Öl verwalten

Die britische Regierung bekräftigte am Montag ihre Entschlossenheit, den Krieg im Irak durchzuziehen, bis Saddam Hussein gestürzt ist. Aber im Hintergrund wächst in London die Besorgnis über den amerikanischen Bündnispartner. Es wäre „gefährlich kontraproduktiv“, wenn die Amerikaner die Kontrolle im Nachkriegs-Irak behielten, warnten die Abgeordneten des Unterhausausschusses für internationale Entwicklung. Sie forderten Premier Tony Blair auf, seine Anstrengungen für einen von den UN verwalteten Irak zu verdoppeln. Blair selbst hielt es für notwendig, Washington auf dem Umweg über die arabische Presse an die angeblich auf dem Azorengipfel gegebenen Versprechen zu erinnern. In der halbamtlichen Kairoer Zeitung „Al-Ahram“ schrieb Blair: „Präsident Bush, Ministerpräsident Aznar und ich haben versprochen, das irakische Öl in die Treuhänderschaft der UN zu überschreiben, damit es dem irakischen Volk nützen und eine einst so große Nation erneuern kann.“

Blair will die arabische Welt überzeugen, dass dies kein neokolonialistischer Krieg um Öl sei. Aber es war auch eine Salve in einem schwelenden Konflikt mit dem Weißen Haus. Nach dem Camp-David-Gipfel der vergangenen Woche registriert London besorgt eine Verhärtung der amerikanischen Positionen zum Nachkriegs-Irak. Blair dürfte sich, als er am Wochenende seine Amtskollegen in Frankreich, Deutschland, Russland und China über diesen Gipfel unterrichtete, auch um Verbündete für kommende Auseinandersetzungen in diesem Punkt bemüht haben. Mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac war Blair sich einig, dass den UN eine wichtige Rolle nach dem Konflikt gebühre. In Washington war man da in den vergangenen Tagen zurückhaltender. „Wir und unsere Koalitionspartner haben diese riesige Bürde nicht auf uns genommen, um dann nicht entscheidende und vorrangige Kontrolle darüber zu haben, wie es sich in der Zukunft entwickelt“, sagte US-Außenminister Colin Powell.

Öl ist der entscheidende Faktor. Die Ölkonzerne werden das Öl aus einem besetzten Südirak, wenn es wieder fließt, nicht ohne Klärung der Eigentumsrechte laden wollen. Powell selbst räumte in der „New York Times" ein, eine amerikanisch-britische Besetzung des Irak brauche „internationale Legitimität“ durch die UN. Die von Deutschland eingebrachte neue „Öl-für-Lebensmittel"-Resolution lässt aber den Rechtsstatus des Öls offen. Powell hatte vor dem Krieg selbst von einem Treuhänder-Fonds für das Öl gesprochen. Aber in der Azoren-Erklärung, auf die Blair sich nun beruft, heißt es lediglich, die „natürlichen Ressourcen“ würden „zum Nutzen des irakischen Volkes geschützt“. Dann ist von weiteren UN-Resolutionen die Rede, unter anderem, um eine „geeignete Nachkriegs-Verwaltung für den Irak zu billigen“.

Der Streit um das Nachkriegsszenario zeigt die Bruchstellen in der amerikanisch-britischen Allianz auf, mit denen der britische Premier kalkulieren muss. Alles, was nach amerikanischem Machtgehabe aussieht, macht Blairs Position als transatlantischer Vermittler noch schwieriger. In der in vielen Blauhelm-Missionen erprobten britischen Armee wächst die heimliche Besorgnis, dass es den US-Truppen an Feingefühl im Umgang mit den „befreiten“ Irakern fehlen könnte. Und Schatzkanzler Gordon Brown warnte am Montag vor transatlantischen Handelsbeschränkungen. „Wenn Amerika und Europa nicht zusammenarbeiten, sind wir alle die Verlierer“, so seine klar an die USA gerichtete Warnung.

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