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Wolfgang Tiefensee

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Managerbonus: Woche der Wahrheit für Tiefensee

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ist dem Bundestag noch einige Antworten zu den Boni für Bahn-Manager schuldig.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Das Wesen von Torpedos besteht bekanntermaßen in ihrer Zielsicherheit und Durchschlagskraft. Selbst für größte Tanker sind diese vergleichsweise kleinen aber kräftigen Präzisionswaffen damit eine reale Untergangsgefahr. Wer diese Wirkung von Torpedos kennt, kommt nicht umhin, die Einschätzung des Bundesverkehrsministers über die Wirkung eines zusätzlichen Millionen-Bonus für Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und seine Vorstandskollegen im Fall des Bahn-Börsenganges zu teilen. Wie ein Torpedo, hatte Wolfgang Tiefensee (SPD) analysiert, würden die Bonuszahlungen auf das gesamte Unternehmen des Börsenganges wirken, sollte die Öffentlichkeit davon erfahren.

Nun hat die Öffentlichkeit davon erfahren. Die Empörung kostete einen Staatssekretär des Verkehrsministeriums bereits seinen Stuhl, und der Minister befindet sich unvermittelt selbst im Kampfgebiet, ist von Rücktrittsforderungen zunächst aus der Opposition, aber auch schon aus der eigenen Koalition, umzingelt. Und hat – höchstwahrscheinlich – seinen Verbleib auf dem Ministersessel nur zwei – externen – Gründen zu verdanken. Zum einen ist die CDU-Kanzlerin an internationalen Finanzkrisenherden unterwegs und wünscht innenpolitisch keine Unruheherde. Zum anderen weiß die SPD, dass der Rausschmiss ihres Verkehrsministers, so unbeliebt er mittlerweile auch in den Führungskreisen seiner Partei ist, unwillkürlich das Ende des Börsenganges der Bahn AG – und damit eines Imageprojekts von Steinmeier, Steinbrück & Co. – bedeuten würde. Wer es vergessen hat: Gerade zwei Wochen sind vergangen, seit der Sonderparteitag der SPD äußerst knapp an einem Desaster vorbeischrammte, als das an der SPD-Basis verhasste Projekt bei einer Eilabstimmung der Delegierten nur eine äußerst knappe Mehrheit erhielt.

Mitte dieser Woche wird Tiefensee dem Verkehrsausschuss des Bundestages zu erläutern haben, wie es kommen konnte, dass sich die Bahn-Manager einen Bonus vertraglich sicherten, wenn das Unternehmen an die Börse geht. Denn nicht nur Linke sehen darin einen stillosen Akt der Selbstbedienung. Zumal Mehdorn und seine Kollegen ohnehin Millionengehälter erhalten, während sie ihren Mitarbeitern tarifpolitische Demut verordnen. Dass es ein Fehler war, mit der Stimme des Eigentümers, also seines Ministeriums, diesen Bonus im Aufsichtsrat zu beschließen, hat der Minister dieser Tage dokumentiert, indem er seinen Staatssekretär Matthias von Randow feuerte. Warum er selbst fast ein Jahr lang den nahenden Torpedo nicht erkannt hat, ist noch offen. Inzwischen heißt es, Tiefensee soll sogar schon im August und nicht erst Mitte September über die geplanten Bonus-Zahlungen informiert worden sein. Das wurde dann am Sonntagabend vom Ministerium bestritten.

Aus Tiefensees Umfeld verlautet, selbst ohne Gespür für die Brisanz eines Themas würden Mitarbeiter zur Rechenschaft bei Fehlern gezogen, wenn der Druck zu groß wird. Von Randow ist nun zu der peinlichen Pflicht verdonnert, sich vor den Abgeordneten im Ausschuss selbst zu rechtfertigen.

Der Torpedo ist damit noch lange nicht entschärft. Denn die Bonus-Zahlungen an den Bahn-Vorstand sind vertraglich vereinbart und Bestandteil des Börsenprospektes. Nur der Verzicht darauf kann den Vorgang noch stoppen – oder eine Absage des Börsenganges. Mit Bitten und Mahnungen, Mehdorn möge doch auf die Millionen verzichten, hat es der Verkehrsminister bis jetzt nicht sehr weit gebracht. Das Bahn-Management schweigt, der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Müller informierte den Minister über die Sach- und Rechtslage sogar zunächst nur per Zeitungsinterview.

Mittlerweile äußern immer mehr Unionspolitiker Unverständnis über das Verhalten des Ministers. Und Unterstützung aus der eigenen Partei bekommt er nicht, weder aus der Fraktion noch aus dem Kabinett. Aber auch das gehört zur Geschichte des Bahn-Börsenganges, den der Minister im Koalitionsauftrag durchzuführen hat: Niemand will mehr etwas mit diesem Krisenherd zu tun haben. Und schon gar nicht, wenn die Luft bleihaltig wird.

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