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Politik: Mannschaft ohne Mehrheit

Tschechiens neue Mitte-rechts-Koalition ist sich einig – und hat es eilig

Prag - An fast alles hat Mirek Topolánek gedacht, der designierte Regierungschef in Tschechien: Seine Dreierkoalition hat sich auf ein umfassendes Programm geeinigt und die Besetzung der 16 Ministerposten einstimmig geklärt. Drei Wochen nach den Wahlen in Tschechien fehlt dem Chef der konservativen Bürgerpartei (ODS) nur noch eins – die Mehrheit. An diesem Dienstag tagt in Prag erstmals das neu gewählte Abgeordnetenhaus, in dem die Mitte-rechts-Koalition über exakt 100 der insgesamt 200 Sitze verfügt. Obwohl das linke Lager aus Kommunisten und Sozialdemokraten schon massiven Widerstand signalisiert hat, will Topolánek seine Regierungsmannschaft im Parlament zur Wahl stellen.

Die Dreierkoalition aus ODS, der kleinen christdemokratischen Partei und den Grünen will in Tschechien Reformen durchsetzen. Dazu zählen eine Einheitssteuer auf Unternehmensgewinne und Privateinkommen sowie tief greifende Veränderungen im Gesundheits- und Sozialwesen. Tschechien soll damit für Unternehmer und Investoren zu einem attraktiveren Standort ausgebaut werden. Der designierte Regierungschef Topolánek verspricht sich von den Reformen ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine sinkende Arbeitslosigkeit.

Politische Beobachter sind indes überrascht vom schnellen Fortschritt der Regierungsbildung – vor allem deshalb, weil alle drei beteiligten Parteien spürbare Kompromisse eingehen mussten und dennoch innerhalb von drei Wochen ein komplettes Programm vorgelegt haben. Die Pattsituation im Abgeordnetenhaus dürfte diese Verhandlungen allerdings beschleunigt haben: Der amtierende Premierminister Jiri Paroubek von den Sozialdemokraten hat die Hoffnung auf eine zweite Amtszeit noch nicht aufgegeben. Hinter den Kulissen verhandelt er über eine Regierung unter seiner Führung. Paroubeks Chancen steigen, so fürchten die Abgeordneten im konservativen Lager, wenn sich die offiziellen Koalitionsverhandlungen zu sehr in die Länge ziehen.

Vor der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus setzt ODS-Spitzenkandidat Topolánek auf sein Verhandlungsgeschick. Im Gegenzug für die Unterstützung seiner Regierung hat er den Sozialdemokraten bereits politische Schlüsselpositionen angeboten. Unter anderem geht es dabei um den Posten des Vorsitzenden im Abgeordnetenhaus. Noch lehnen die Sozialdemokraten diesen Personalschacher allerdings ab.

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