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Politik: Massaker in Ruanda: Nonnen bestreiten Beteiligung

Die Angeklagten im ersten Prozess vor einem europäischen Schwurgericht wegen des Völkermords in Ruanda haben die ihnen zur Last gelegten Taten bestritten. Vor dem Brüsseler Gericht stehen seit Dienstag neben zwei katholischen Ordensschwestern ein früherer ruandischer Minister und ein Universitätsprofessor.

Die Angeklagten im ersten Prozess vor einem europäischen Schwurgericht wegen des Völkermords in Ruanda haben die ihnen zur Last gelegten Taten bestritten. Vor dem Brüsseler Gericht stehen seit Dienstag neben zwei katholischen Ordensschwestern ein früherer ruandischer Minister und ein Universitätsprofessor. Ihnen wird vorgeworfen, den Völkermord von 1994 mit rund 800 000 Toten vorbereitet oder unterstützt oder selbst aktiv daran teilgenommen zu haben.

Der Benediktinernonne Schwester Maria Kisito (Julienne Mukabutera) wird vorgeworfen, im April 1994 Benzin zum Anzünden eines Gebäudes geliefert zu haben, in dem sich 500 Tutsi versteckt hatten. Schwester Gertrude (Consolata Mukangango) soll hunderte Tutsi, die Zuflucht in dem Kloster gesucht hatten, aus dem Komplex gewiesen haben. 600 Tutsis wurden danach ermordet. Anschließend forderte die Nonne laut Anklage die Behörden auf, die noch im Kloster verbliebenen 30 Tutsi zu entfernen. Auch sie wurden getötet. Dem Universitätsprofessor Vincent Ntezimana wird vorgeworfen, für die Ermordung von mindestens sieben Tutsis verantwortlich zu sein. Der Berater des früheren Präsidenten Juvenal Habyarimana, Alphonse Higaniro, soll Hutus zum Mord an Tutsi angestiftet haben.

Die Brüsseler Richter haben mehr als 170 Zeugen geladen und wollen ihr Urteil voraussichtlich in etwa sechs Wochen sprechen. 50 der 170 Zeugen werden aus Ruanda zu ihren Aussage-Terminen eingeflogen. Die Angeklagten befinden sich während des Verfahrens nicht in Polizeigewahrsam. Der Prozess ist der erste in Belgien auf der Grundlage eines Gesetzes von 1993, das eine Zuständigkeit belgischer Gerichte für Verletzungen internationalen Rechts festlegt. Ein Kriegsgericht in der Schweiz hat bereits im Mai 2000 einen ruandischen Völkermörder wegen Verstoßes gegen Genfer Kriegsrechtskonvention zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Der Völkermord begann im April 1994, nachdem Unbekannte das Flugzeug des Hutu-Präsidenten Habyarimana abgeschossen hatten. Die Mordopfer waren überwiegend Angehörige der Tutsi-Minderheit, die die politische und gesellschaftliche Elite stellte. Wegen Beteiligung an dem Völkermord wurden in Ruanda bisher 22 Menschen hingerichtet. Auch das Internationale Ruanda-Tribunal in Arusha beteiligt sich an der juristischen Aufarbeitung des Völkermords. Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt hat sich im vergangenen Jahr in Ruanda für die Untätigkeit seiner Regierung in dem bis 1962 von Belgien verwalteten Land entschuldigt.

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