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Politik: Matthias Machnigs doppelte Rechnung

SPD-Landesminister kassierte in Thüringen und vom Bund – „Alles rechtens“, sagt er.

Erfurt - Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) fährt verbal gern großes Geschütz auf. So warf er unlängst Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) einen „Akt der arglistigen Täuschung“ vor. Hintergrund war der goldene Handschlag für Lieberknechts ehemaligen Sprecher und Staatssekretär Peter Zimmermann. Der sollte trotz eines neuen Jobs in der Wirtschaft in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, was mit erheblichen Versorgungsansprüchen verbunden ist. Deshalb ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft gegen Lieberknecht wegen des Verdachts der Untreue.

Machnig beklagte sich darüber, ihm seien vor seiner Zustimmung im Kabinett wichtige Unterlagen vorenthalten worden. Außerdem warf er Lieberknecht vor, die Zusage nicht eingehalten zu haben, dass durch die Versorgung Zimmermanns keine Belastungen auf den Freistaat zukämen. Die Empörung verwunderte freilich schon damals so manchen: Schließlich war Machnig im November 2009 als Staatssekretär im Bundesumweltministerium selbst in den Ruhestand versetzt worden – und hatte daher ebenfalls Versorgungsansprüche.

Nun berichtet der „Spiegel“, dass der Erfurter Wirtschaftsminister tatsächlich doppelt kassierte. Demnach bezog er neben seinem Ministergehalt in Thüringen bis Juli 2012 auch Ruhegelder vom Bund. Diese sollen sich nach „Spiegel“-Informationen auf „insgesamt deutlich über 100 000 Euro“ belaufen. Mit Hinweis auf den Datenschutz wollte das Bundesfinanzministerium keine Angaben über Zahlungen an Matthias Machnig machen. Der SPD-Politiker äußerte sich ebenfalls nicht zur Höhe. Er verwies darauf, „dass die Ansprüche aus meiner Tätigkeit als beamteter Staatssekretär auf der Grundlage des geltenden Rechts mit den Bezügen aus der Ministertätigkeit verrechnet worden sind“. Machnig legte ein Schreiben der Bundesfinanzdirektion Mitte offen. Darin wird ihm bescheinigt, dass die Angelegenheit „von allen Verfahrensbeteiligten entsprechend der jeweils geltenden Rechtslage/Rechtsauffassung behandelt worden“ sei. „Offenbar muss man sich in Wahlkampfzeiten auch dann rechtfertigen, wenn man sich nach Recht und Gesetz verhalten hat“, sagte Machnig.

Die Frage ist aber, in welcher Weise diese Verrechnung erfolgte. Mitte August hatte Machnigs Sprecher erklärt, dass eine vollständige Verrechnung erfolge. Lediglich Übergangsgeld für die ersten drei Monate, so hieß es damals, habe der Minister wahrscheinlich erhalten. Nun aber scheint es so zu sein, dass Machnig auch in den Monaten danach Überweisungen von der Bundeskasse bekam. Nach „Spiegel“-Angaben bezieht er als Wirtschaftsminister in Thüringen ein Gehalt von jährlich 147 000 Euro.

Die Empörung über den Westfalen ist nun groß – zumindest beim politischen Gegner. Immerhin ist der frühere Wahlkampfmanager von Gerhard Schröder nicht irgendein Landespolitiker. Als Mitglied im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück steht er mitten im Wahlkampf. Er wird als Bundesminister für Energie gehandelt.

Lieberknecht forderte ihn auf, seine Bezüge „sofort“ offenzulegen. Zugleich legte sie ihm den Rücktritt nahe, falls er die Unwahrheit gesagt haben sollte. Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring verlangte „Transparenz und umgehende Aufklärung“. Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund sagte: „Wer am lautesten brüllt, hat noch längst nicht am meisten Recht.“ Bodo Ramelow von der Linken forderte, den Verdacht auf Raffgier und Selbstbedienung zu widerlegen. „Die Bürger sehen das alles als ungerechtfertigte Bereicherung an.“ Eike Kellermann

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