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Mauretanien: Gaddafis Geheimdienstchef Senussi gefangen

Unter Gaddafi war Geheimdienstchef Senussi für seine Brutalität bekannt. Nach monatelanger Flucht wurde der Vertraute des libyschen Diktators nun in Mauretanien gefasst.

Fünf Monate nach dem Tod des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi ist nun auch der letzte seiner Topleute hinter Gittern. Sicherheitskräfte in Mauretanien nahmen nach Angaben lokaler Behörden den früheren libyschen Geheimdienstchef Abdullah Senussi am Flughafen der Hauptstadt Nuakchott fest. Die libysche Regierung bestätigte die Informationen und forderte die Auslieferung. Gegen den Schwager Gaddafis liegt auch ein internationaler Haftbefehl vor.

Senussi gilt als einer der engsten Vertrauten des selbsternannten Revolutionsführers. Seit Monaten befand er sich auf der Flucht. Mehrmals waren bereits seine Verhaftung und auch sein Tod vermeldet worden. Wie die Behörden in Mauretanien mitteilten, war er aus Marokko mit einem gefälschten malischen Pass in das westafrikanische Land eingereist, als er nun festgenommen wurde.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte Ende Juni 2011 veranlasst, dass Senussi gemeinsam mit Gaddafi und dessen Sohn Saif al-Islam als Kriegsverbrecher gesucht werden. Sie seien persönlich für die Verbrechen, die zur Niederschlagung des Volksaufstandes in Libyen begangen worden seien, verantwortlich, argumentierte Chefankläger Luis Moreno-Ocampo damals. Die Vorwürfe reichen von Morden an Hunderten Zivilisten, Folter und militärische Gewalt bis hin zu organisierten Massenvergewaltigungen.

Aber auch Libyen - wo auch Saif al-Islam der Prozess gemacht wird - will nach Angaben eines Regierungssprechers nun die Auslieferung Senussis beantragen. Ihm werde ein fairer Prozess gemacht, versprach er. Frankreich beansprucht ebenfalls die Auslieferung des Libyers. Präsident Nicolas Sarkozy betonte in einer Erklärung, gegen ihn liege nach seiner Verurteilung in Abwesenheit wegen eines Bombenanschlags auf ein französisches UTA-Verkehrsflugzeug 1989 mit 170 Toten noch ein internationaler Haftbefehl vor.

Im Falle eines Schuldspruchs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit droht Senussi als Höchststrafe lebenslange Haft, bei einem Verfahren in Libyen sogar die Todesstrafe.

In Libyen hat es derweil erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen rivalisierenden politischen Kräften gegeben. Bei einem bewaffneten Angriff auf eine Kundgebung in der Stadt Bengasi kam am Freitagabend nach Angaben von Ärzten ein Mensch ums Leben. Mindestens acht Menschen seien verletzt worden, als die Demonstration von Anhängern der Autonomiebewegung im Osten des Landes von Unbekannten beschossen wurde, berichteten libysche Medien am Samstag. Am 6. März hatten Stammesführer aus dem ölreichen Osten Libyens in Bengasi einen ehemaligen politischen Gefangenen zum Vorsitzenden ihres „Autonomen Gebietes Cyrenaica“ ernannt. Ihre Entscheidung für die Autonomie hatten sie mit dem „Versagen“ des Übergangsrates begründet, der während der Revolution im vergangenen Jahr die Macht übernommen hatte.

Enttäuscht über die Entwicklungen in seinem Land äußerte sich auch der libysche Schriftsteller Ibrahim Al-Koni. „Die Regierung ist so schwach, dass sie weder die Milizen noch Stämme noch andere Personen kontrollieren kann“, sagte der Autor am Samstag im Deutschlandradio Kultur. „Es gibt nicht das, was wir heute im modernen Sinne einen Staat nennen können.“

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