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Politik: Mazedonien: Aus der Deckung. 20 SPD-Bundestagsabgeordnete wollen einer Entsendung der Bundeswehr nach Mazedonien nicht zustimmen

Die Gegner eines Mazedonien-Einsatzes aus dem Regierungslager kommen aus der Deckung. 20 SPD-Abgeordnete haben einen Brief an ihre Fraktionskollegen unterschrieben, in dem ein Nein zur Entsendung der Bundeswehr angekündigt wird.

Die Gegner eines Mazedonien-Einsatzes aus dem Regierungslager kommen aus der Deckung. 20 SPD-Abgeordnete haben einen Brief an ihre Fraktionskollegen unterschrieben, in dem ein Nein zur Entsendung der Bundeswehr angekündigt wird. Ist dieser in aller Öffentlichkeit vorgetragene Protest gegen den Kanzler ein Signal für wachsenden Widerstand in der Gesamt-Partei? Zerbröckelt die Regierungsmehrheit, mit der das Kabinett den Entsendungs-Befehl notfalls auch ohne Zustimmung der Union durchsetzen wollte?

"Das Schreiben ist ein Appell an die SPD-Fraktion, mit anderen Mitteln als mit Waffengewalt in Mazedonien zu helfen", erklärt die saarländische SPD-Abgeordnete Gudrun Roos ihre Unterschrift. Zu den SPD-Verweigerern kommen noch einige pazifistische Grüne. Bei insgesamt 15 Nein-Stimmen verfügt die Koalition schon nicht mehr über eine eigene Mehrheit.

Scharfe Kritik an seinen Kollegen übt der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen. Die 20 sagten Nein "zu einem Text, den sie gar nicht kennen", rügt Weisskirchen. Denn noch ist die Formulierung des Mandats völlig offen. Weisskirchen kritisiert auch, dass die Ablehnungsfront nicht zur Kenntnis nehme, dass "politisch ein völlig anderes Modell als im Kosovo" geplant sei, nämlich der Einsatz nur nach einer ausdrücklichen Zustimmung beider Konfliktparteien. "Einem solchen Wunsch beider Seiten wird sich auch die Union nicht entziehen können", sagte Weisskirchen am Donnerstag dem Tagesspiegel.

Weisskirchen geht davon aus, dass ein Drittel der CDU/CSU-Fraktion letztlich einem vernünftigen Vorschlag zustimmen werde. Doch der SPD-Politiker glaubt auch daran, dass sich die eigene Regierungsmehrheit wieder erringen lässt. Nach einem "fairen und zähen Ringen in der Fraktion" ließe sich die Zahl der Nein-Sager so reduzieren, dass Rot-Grün auch aus eigener Kraft die Bundeswehr entsenden könnte.

Auf der Gegenseite, bei der Union, wird der Protest gegen den Einsatz lauter. Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger warnte davor, deutsche Soldaten nach Mazedonien zu entsenden. "In 30 Tagen die UCK-Rebellen entwaffnen zu wollen, ist eine Illusion", sagte Pflüger. Es sei "haarsträubend gefährlich", nur jene Waffen einzusammeln, die die albanischen Rebellen freiwillig abgäben. Die Bundeswehr drohe in einen Bürgerkrieg hineinzurutschen, und wenn sie eingreife, brauche sie ein "robustes Mandat" und größere technische und militärische Durchhaltefähigkeit. Dafür aber fehle im Wehretat das Geld. Ähnlich argumentiert auch Volker Rühe. Die Drohung des Ex-Ministers mit einem Boykott der Union hat ihn zum bestgehassten Mann in Regierungskreisen gemacht. Unionsintern wird das Gegenlager der Realisten am sichtbarsten von Karl Lamers vertreten, der Bündnistreue für ein kaum auszuhebelndes Argument hält.

Pflügers Kritik wird in Teilen in der SPD geteilt. Für ein "ehrliches" - also zeitlich nicht so eng beschränktes - und "robustes" - also die Brüchigkeit der Vereinbarungen vor Ort einkalkulierendes - Mandat haben sich auch Schröder und Fraktionschef Struck ausgesprochen. Ein ausgeweitetes Mandat erhöht den Einsatz - für die Soldaten vor Ort, aber auch innenpolitisch. Ob ein "großes Mandat", also die Einrichtung eines Protektorats Mazedonien mit teilweiser Trennung der Volksgruppen der Union ein noch besseres Argument für ein Nein liefern oder aber zur zwangsläufigen Zustimmung der CDU/CSU führen würde, ist bei SPD und Grünen umstritten.

Eindeutig ist die Haltung der PDS: Sie sagt Nein. Auch die FDP hat nach wie vor große Bedenken. Es bestehe kaum die Chance, dass die FDP zustimmen werde, meinte der Parlamentarische Geschäftsführer Jürgen Koppelin am Donnerstag.

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