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Politik: Mazedonien: "Die Mehrheit für den Frieden ist stark genug" - Angelika Beer im Interview

Angelika Beer (44) ist Verteidigungspolitikerin bei den Grünen. Der Nato-Einsatz soll einen Prozess der Aussöhnung ermöglichen.

Angelika Beer (44) ist Verteidigungspolitikerin bei den Grünen.

Der Nato-Einsatz soll einen Prozess der Aussöhnung ermöglichen. Wollen die Konfliktparteien das wirklich?

Grundsätzlich sind die Parteien dazu bereit, davon habe ich mich in Gesprächen mit UCK-Kommandeuren, Regierungsvertretern und Zivilisten überzeugt. Wir brauchen allerdings vertrauensbildende Maßnahmen, weil die Kämpfe ein solches Misstrauen zwischen den Ethnien erzeugt haben, dass sie von alleine den Weg zum Frieden nicht gehen können. Der Nato-Einsatz ist notwendig. Parallel dazu müssen wir politische Initiativen verstärken, die den Aussöhnungsprozess unterstützten.

Kann man sich darauf verlassen, dass die Vereinbarungen eingehalten werden?

Es gibt auf dem Balkan keine Garantie dafür, dass Zusagen auch umgesetzt werden. Es wird ein schwieriger Prozess, den Friedensgegner auch torpedieren wollen. Aber die Mehrheit, die den Frieden und die Rückkehr der Flüchtlinge will, ist stark genug.

Sieht die Mehrheit der Slawen die Nato als Gegner?

Diese Gefahr besteht nicht, so lange die Nato ihren Auftrag erfüllt und ihren neutralen Status wahrt. Hierzu gehört der Nachweis, dass jegliche Unterstützung der UCK durch einen der Nato-Staaten unterbleibt. Es ist nicht so, dass die Mehrheit der Slawo-Mazedonier der Nato gegenüber feindlich eingestellt ist. Eine marginale Minderheit will keine Nato dort sehen, insbesondere die Paramilitärs, die durch das Innenministerium bewaffnet wurden. Deshalb muss die Regierung in Skopje ihre Zusage erfüllen, diese Paramilitärs zu entwaffnen. Dann haben wir vor allem für das deutsche Kontingent ein freundliches Umfeld, auch weil die Bevölkerung bisher von Unterstützungsleistungen unserer Soldaten, die im Rahmen von "Kfor" im Land sind, profitiert hat.

Ist die Nato-Aufgabe in 30 Tagen zu lösen?

Beide Seiten haben mir deutlich signalisiert, sie könnten sich gut vorstellen, dass die Nato länger bleibt. Ich habe dem entschieden widersprochen, der Auftrag ist begrenzt. Ich schließe aber nicht aus, dass wir das Mandat um einige Wochen verlängern, wenn der Friedensprozess das erfordert. Für mich ist entscheidend, dass wir die politischen Prozesse stärken und nach dem Ende der Nato-Mission der OSZE und der EU die Federführung überlassen. Und wir müssen überlegen, ob die UN nicht ein längerfristiges Blauhelm-Mandat erteilt, damit beide Ethnien sich sicher fühlen.

Die Nato stockt nun die Zahl ihrer Soldaten um fast ein Drittel auf. Ist das eine schleichende Veränderung des Mandats?

Ich habe keine Indizien gefunden, die diesen Verdacht stützen. Bei der Logistik gab es Probleme, das könnte der Grund für die Aufstockung sein. Aber das werden wir vor dem Bundestagsbeschluss noch genau klären.

Wie hoch schätzen Sie die Gefahr, dass die Nato in einen Krieg verstrickt wird?

Die Bedingungen für den Friedensprozess sind im Moment günstig. Das Mandat für die Bundeswehr-Beteiligung ist ganz klar umrissen und gibt keinen Auftrag für irgendwelche Kampfhandlungen. Sollte wider meine Erwartung die Stimmung umkippen und der Frieden gefährdet sein, müssen wir eine neue Diskussion führen - und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in der Nato und innerhalb der Vereinten Nationen.

Beeindruckt es Sie, dass Friedensbewegung und viele Entwicklungshelfer den Einsatz strikt ablehnen?

Ich kann die Kritik nachvollziehen. Aber ich muss die Realitäten auf dem Balkan sehen. Keine der Parteien hätte die politischen Vereinbarungen unterschrieben, wenn irgendeine andere Organisation mit dem Waffeneinsammeln betraut worden wäre. Die Nato wird respektiert, sie kann die Konflikte dämpfen, dadurch wird der Weg zu einer politischen Lösung geebnet. Die Frage ist: Wie kann der blutige Bürgerkrieg verhindert werden? Der Nato-Einsatz ist schwierig, es gibt Risiken sowohl für die Soldaten als auch für die Entwicklung in Mazedonien, aber ich sehe dazu keine Alternative.

Der Nato-Einsatz soll einen Prozess der Aussö

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