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Politik: Mazedonien: Gewalt stellt Friedensvertrag in Frage

Angesichts neuer Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen steht das in Mazedonien ausgehandelte Friedensabkommen wieder in Frage. EU-Vermittler Francois Leotard sagte am Donnerstag, noch stehe die Vereinbarung nur auf dem Papier.

Angesichts neuer Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen steht das in Mazedonien ausgehandelte Friedensabkommen wieder in Frage. EU-Vermittler Francois Leotard sagte am Donnerstag, noch stehe die Vereinbarung nur auf dem Papier. "Ich bleibe sehr vorsichtig." Selbst wenn die Konfliktparteien am Montag ihr bereits paraphiertes Papier unterzeichnen sollten, erwarten Koalition und Opposition in Deutschland keine schnelle Entscheidung über einen möglichen Einsatz der Bundeswehr. "Die Grundlage dafür ist noch nicht gegeben", sagte die Verteidigungsexpertin der Grünen-Fraktion, Angelika Beer, dem Tagesspiegel.

Der mazedonische Sicherheitsrat forderte nach dem blutigen Überfall auf einen Armeekonvoi vom Mittwoch ein "härteres und offensiveres Vorgehen" gegen die albanischen Rebellen. Die Gefechte um Tetovo wurden in der Nacht zum Donnerstag fortgesetzt. In Skopje und Prilep plünderten slawische Demonstranten Geschäfte. Der mazedonische Verteidigungsminister Vlado Buckovski rief seine Landsleute auf, "dem Frieden eine Chance zu geben".

Die slawischen und albanischen Regierungsparteien hatten am Mittwoch in Ohrid ein umfassendes Friedensabkommen paraphiert, das am Montag unterzeichnet werden soll. Zur Zeremonie wollen auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und Nato-Generalsekretär George Robertson anreisen.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Beer sind bislang aber weder die freiwillige Waffenabgabe der paramilitärischen Truppen noch die im Abkommen vorgesehenen Verfassungsänderungen gesichert. "Selbst wenn das Abkommen unterzeichnet wird, sind die entscheidenden Fragen nicht geklärt." Ähnlich äußerte sich der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSUFraktion, Paul Breuer, gegenüber dem Tagesspiegel. Er wies darauf hin, dass die albanischen UCK-Rebellen an dem Abkommen nicht beteiligt sind. Es gebe "keine belastbare Grundlage für eine ordentliche Beratung des Bundestags", sagte der Unionspolitiker. Einem Bundeswehr-Einsatz in Mazedonien müsste der Bundestag zustimmen. Breuer erwartet nicht, dass dies bald geschieht. "Ich kann mir gar nicht richtig vorstellen, wie ein Mandat formuliert werden soll", sagte er. Der Bundesregierung warf Breuer Unklarheit in ihrer Position vor. "Nichts, was sie sagen, hat auch nur eine Woche Bestand."

Ob Rot-Grün eine Mehrheit für die Beteiligung der Bundeswehr zusammenbekommt, darüber wollte Beer nicht spekulieren. "Wir entscheiden, wenn es soweit ist", sagte sie. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) zeigte sich dagegen in der "Süddeutschen Zeitung" zuversichtlich. "Es wird auf der Seite der Koalition keine Lücke entstehen", sagte er. 28 SPD-Parlamentarier hatten sich in einem Brief an die Fraktionsführung gegen den Einsatz deutscher Soldaten ausgesprochen. Auch in der Grünen-Fraktion gibt es Politiker, die den Einsatz ablehnen.

Scharping begründete seinen Optimismus, dass die rot-grüne Mehrheit bei einem Parlamentsbeschluss steht, mit den Worten: "Ich glaube an die Vernunft und an die Fähigkeit von Menschen, sich dann ein abschließendes Urteil zu bilden, wenn alle Umstände auf dem Tisch sind. Davon kann zur Zeit - leider - noch keine Rede sein." Der Einsatz der Nato und ein Beschluss des Bundestags über eine Beteiligung der Bundeswehr rücken näher, wenn die Konfliktparteien am kommenden Montag tatsächlich den ausgehandelten Friedensplan unterzeichnen.

Trotz der anhaltenden Kämpfe in Tetovo wurden die dort stationierten deutschen Soldaten nicht in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Aktuell gebe es keine direkte Besorgnis, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. "Ohne Zweifel ist man vor Ort aber aufmerksam." In Mazedonien sind rund 400 deutsche Soldaten im Einsatz.

ca

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