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Israelische Sicherheitskräfte gehen gegen Palästinensern vor.

© Ilia Yefimovich/dpa

Mehr als 150 Verletzte, viele Festnahmen: Schwere Zusammenstöße am Tempelberg in Jerusalem

Schon seit mehreren Wochen ist die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten angespannt. An Karfreitag eskaliert die Lage in Jerusalem.

Inmitten einer ohnehin angespannten Sicherheitslage ist es auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern mit mehr als 150 Verletzten gekommen. Die Gewalt brach am Freitagmorgen nach dem Ende der Morgengebete bei der Al-Aksa-Moschee aus. Die Auseinandersetzungen verschärften die Spannungen in der Region nach einer Terrorwelle in Israel in den vergangenen Wochen weiter.

Überschattet von den Zusammenstößen erinnerten am Freitagvormittag Hunderte Christen in Jerusalem an den Kreuzweg Jesu. Die Prozession zog durch die Altstadt. Es gab ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften. Erstmals seit drei Jahren konnten wieder Touristen und Pilger zu Ostern ins Heilige Land einreisen. Wegen der Corona-Pandemie hatte Israel vor mehr als zwei Jahren seine Grenzen für Besucher geschlossen. Erst seit März ist die Einreise für ungeimpfte Touristen wieder erlaubt.

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Dieser Freitag wurde ohnehin mit Spannungen erwartet. Zehntausende Muslime kamen zum Freitagsgebet in die Jerusalemer Altstadt, um während des muslimischen Fastenmonats Ramadan auf und um den Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) zu beten. Am Freitagabend sollte auch das jüdische Pessachfest beginnen, das zusätzlich Gläubige und Besucher anzieht. Das Tourismusministerium erwartet rund 30.000 ausländische Touristen allein in dieser Woche.

Die israelische Polizei erklärte, Palästinenser hätten sich am Freitagmorgen in der Al-Aksa-Moschee verbarrikadiert, Steine geworfen und Feuerwerkskörper gezündet. Unter rund 12.000 Gläubigen hätten sich etwa 100 Randalierer befunden. Der palästinensische Rote Halbmond meldete, mindestens 152 Palästinenser seien verletzt worden, als israelische Sicherheitskräfte Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt hätten. Medien zufolge wurden auch drei israelische Polizisten verletzt.

Die israelischen Sicherheitskräfte drangen auch in die Al-Aksa-Moschee selbst ein.
Die israelischen Sicherheitskräfte drangen auch in die Al-Aksa-Moschee selbst ein.

© Hazem Bader/AFP

Die israelischen Sicherheitskräfte drangen auch in die Al-Aksa-Moschee selbst ein. Hunderte Palästinenser seien festgenommen worden, teilte die israelische Polizei fest. Sie machte palästinensische „Randalierer“ für die Gewalt verantwortlich. Israels Außenminister Jair Lapid schrieb auf Twitter, die Ausschreitungen seien inakzeptabel. Die Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und die im palästinensischen Gazastreifen herrschende islamistische Hamas wiederum beschuldigten die israelischen Sicherheitskräfte.

Der Tempelberg war in der langen Geschichte des Nahost-Konflikts immer wieder Ort von Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten. Mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist er die drittheiligste Stätte im Islam. Dort standen früher auch zwei jüdische Tempel, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde. Die Klagemauer ist ein Überrest jenes zerstörten Tempels und die heiligste Stätte der Juden.

Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten war bereits zuvor extrem angespannt: In den vergangenen Wochen wurden bei vier Anschlägen in Israel 14 Menschen getötet. Die Attentäter waren bei zwei Anschlägen israelische Araber mit Verbindungen zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Bei den beiden anderen Attentaten waren die Angreifer Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland. Erst vergangene Woche hatte ein Palästinenser in der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv drei Menschen erschossen.

Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Nach den Zusammenstößen in Jerusalem gab es auch im Westjordanland Krawalle.
Nach den Zusammenstößen in Jerusalem gab es auch im Westjordanland Krawalle.

© Jaafar Ashtiyeh/AFP

Die traditionelle Karfreitagsprozession, darunter viele Franziskanermönche, zog entlang der Via Dolorosa in der Jerusalemer Altstadt bis zur Grabeskirche. Die Gläubigen liefen die Stationen auf dem Kreuzweg ab und trugen Holzkreuze in Gedenken an das Leiden Jesu.

Die Grabeskirche steht an dem Ort, an dem Jesus der christlichen Überlieferung nach gestorben und wieder auferstanden ist. Sie gilt als heiligster Ort des Christentums und als ein Zentrum christlicher Osterfeiern. Der Tempelberg ist nur wenige Gehminuten von der Grabeskirche entfernt.

Israel befürchtet weitere Gewaltakte während des Ramadans, der Anfang des Monats begonnen hat. Israels Armee entsandte seit den Anschlägen weitere Truppen ins Westjordanland. Außerdem sollen 1000 Soldaten die Polizei in Israel unterstützen. Mehrere Palästinenser wurden bei Militäreinsätzen im Westjordanland getötet, aber auch bei ihren eigenen Anschlägen und Zusammenstößen mit der Armee. Nach Medienberichten geht Israel zudem verstärkt gegen Palästinenser vor, die illegal in Israel arbeiten. (dpa)

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