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Politik: Mehr als eine Pflicht

Die Stabilisierung und Demokratisierung des Nahen Ostens liegt im besten Interesse des Westens

Der Nahe und Mittlere Osten ist eines der dauerhaftesten Krisengebiete der Welt. Zu dem seit Jahrzehnten ungelösten Nahostkonflikt hat sich die unkontrollierte Lage im Irak nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein gesellt. Beide Konfliktherde haben nicht nur Auswirkungen auf die Länder der Region und ihre innenpolitischen Entwicklungen. Ihre Nähe zu Europa und die Globalisierung des Terrors zwingen dazu, sie als festen Bestandteil westlicher Sicherheitspolitik zu behandeln. Die Stabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens liegt im ureigenen Interesse der Europäer und des Westens. Der Dreh-und Angelpunkt in der Region ist der Nahostkonflikt. Seit dem Amtsantritt von Mahmud Abbas als Palästinenserpräsident wurde der Gesprächsfaden zwischen Israelis und Palästinensern mit Unterstützung der USA und der Europäer wieder aufgenommen. Diese Entspannung hat bereits dazu geführt, dass auch Ägypten seine Beziehungen zum jüdischen Staat wiederbelebt. Im März wurde nach vierjähriger Abwesenheit wieder ein diplomatischer Vertreter Kairos nach Tel Aviv geschickt. Ein Wirtschaftsabkommen mit Israel und den USA wurde unterzeichnet. Ägyptische Waren, deren Wertsteigerung mindestens zu 11 Prozent auf israelische Zulieferungen zurückgeht, können zollfrei in die USA exportiert werden. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Rettung insbesondere der ägyptischen Textilindustrie, der gleichzeitig die Kooperation innerhalb der Region stärkt.

Im Irak hat der politische Prozess, der mit Parlamentswahlen und Regierungsbildung einsetzte, bisher nicht zu einem Nachlassen der Gewalt geführt. Dennoch hat er die arabischen Nachbarstaaten nicht unberührt gelassen. Die Menschen sehen im Satellitenfernsehen, dass die Iraker trotz ausländischer Truppen relativ frei ihre politischen Vertreter wählen können.

Bisher war die These in der Region, dass politische Reformen nur denkbar sind, wenn der Nahostkonflikt gelöst ist. Diese Prämisse wurde in den vergangenen Monaten unter dem Druck der USA widerlegt. Viele Regime der Region sahen sich gezwungen, minimale Öffnungen ihrer politischen Systeme zuzulassen. So fanden in Saudi-Arabien die ersten Lokalwahlen statt, Ägypten machte mit einer Verfassungsänderung den Weg dafür frei, dass mehr als nur ein Kandidat für das Präsidentenamt antreten kann. Und wenn die Protestbewegung in Libanon es geschafft hat, die syrische Besetzung zu beenden, wurde ihr durch eine UN-Resolution der Rücken dafür gestärkt. Auch wenn man in der Region noch immer auf deutliche Skepsis gegenüber der westlichen Politik stößt. Die Unterstützung von Reformbewegung und Fortschritte im Friedensprozess könnten das Bild korrigieren, dass der Westen mit zweierlei Maß misst. Das wäre der wirksamste Beitrag des Westens zur Stabilisierung der Region.

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