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Politik: Mehr Nähe gewünscht

Indiens Premier auf Staatsbesuch: Berlin will engere Kooperation – nicht nur bei der Energie

Berlin - Natürlich geht es vor allem um wirtschaftliche Interessen. Doch dass Indiens Premier Manmohan Singh für seinen ersten Staatsbesuch in Deutschland die Hannover-Messe gewählt hat und deshalb am Sonntag mit vielen Wirtschaftsexperten angereist ist, soll nicht darüber hinwegtäuschen: Deutschland will künftig auch auf anderen Feldern eng mit der kommenden Supermacht kooperieren.

Berlins neuer Botschafter in Delhi und früherer außenpolitischer Berater von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, Bernd Mützelburg, fand vergangene Woche im Gespräch mit der indischen Zeitung „Hindu“ dafür deutliche Worte: Das Potenzial der bilateralen Zusammenarbeit sei nicht ausgeschöpft, für diese sei nur „der Himmel das Limit“. Tatsächlich haben beide Länder im Jahr 2000 eine „strategische Partnerschaft“ vereinbart, die eine „Deutsch-Indische Agenda für das 21. Jahrhundert“ jetzt fortschreiben soll.

Neben Zusammenarbeit beispielsweise bei Wissenschaft und Technik, die von beiden Seiten schon gelobt wird, geht es unter anderem um Sicherheitspolitik. Dem „Hindu“ sagte Mützelburg, Berlin wäre „sehr interessiert an einer verteidigungspolitischen Kooperation, die auch den Export deutscher Waffen“ miteinschließen würde. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitiert den Diplomaten mit den Worten, er hoffe, „dass wir mit dem Eurofighter in einen direkten Wettbewerb mit anderen eintreten können“. Damit ist Berlin offensichtlich bereit, bisherige Zurückhaltung in dem Bereich aufzugeben, die vor allem dem Kaschmir- Konflikt zwischen Indien und Pakistan geschuldet war. Deutsches Recht verbietet es, in Krisengebiete Waffen zu exportieren, die dort anschließend zum Einsatz kommen könnten.

Im Energiebereich soll es, wie berichtet, einen engen Austausch im neugegründeten gemeinsamen Energieforum geben. Auch eine engere Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung der Atomenergie schloss Kanzlerin Angela Merkel am Sonntag nicht aus. Berlin will nach ihren Worten aber den Beschluss des US-Kongresses zur indisch-amerikanischen Vereinbarung über Kooperation bei der zivilen Kernenergie abwarten sowie die Debatte der Internationalen Atomenergiebehörde. Gehe der Prozess „so weiter wie bisher, glaube ich, dass wir auch unsere Kooperation im Bereich der zivilen Kernenergie intensivieren können“, sagte Merkel. Die Atommacht Indien ist kein Mitglied im Atomwaffensperrvertrag. Im Zuge der angestrebten Kooperation mit den USA würde Delhi aber die Kontrolle der Mehrheit seiner Atomanlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde zulassen – was die Bundesregierung begrüßt. Sie sieht durch das Abkommen aber zugleich den Sperrvertrag weiter geschwächt. Vor allem den Zeitpunkt hält man in Berlin für ungünstig: Gerade versucht die internationale Gemeinschaft, Iran – das anders als Indien den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat – daran zu hindern, selbst Uran anzureichern.

Wäre Singh vor einem Jahr nach Deutschland gekommen, hätte vor allem ein Thema dominiert: das Streben beider Länder nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Doch dieses Projekt der G4, Japan und Brasilien zählten mit zur Gruppe, ist nicht völlig abgeblasen, liegt aber auf Eis. Bei der gemeinsamen Zusammenarbeit hätten sich deutsche und indische Diplomaten aber ausgesprochen gut verstanden, heißt es.

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