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Politik: Mensch mit Schwachstellen

Von Beust hadert mit dem Bild, das die Medien von ihm zeichnen

Von Günther Beling

Ole von Beust (CDU) fürchtet offenbar weiterhin die medialen Folgen der Hamburger Rathausaffäre. Der Bürgermeister äußerte sich nach der durch seinen entlassenen Innensenator Ronald Schill ausgelösten Regierungskrise am Sonntag kritisch über die Rolle von Journalisten. „Genauso wie sich Politiker gelegentlich vorwerfen lassen müssen, nach Stimmungen zu schielen, so kennen Journalisten die Vermutung, sie wollten mit bunten Titeln und schrillen Themen die Quote nach oben treiben“, schrieb von Beust in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Schill hatte vorige Woche spekuliert, möglicherweise werde in der schwelenden Affäre noch „eine Bombe platzen“. Aspekte des Schill-Skandals werden nach Ankündigung der SPD-Fraktion auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Schwarzer Filz“ ein Nachspiel haben.

Dass politischer Zwist im Mittelpunkt der Berichterstattung gestanden habe, sei unvermeidbar gewesen nach den Ereignissen der vergangenen Wochen, gesteht von Beust zu: „Polemik darf sein, aber nur als Ausnahme. Persönliche Angriffe und unfaire Attacken erwecken für den Moment die Aufmerksamkeit, interessieren aber über den Tag hinaus niemanden.“ Er wolle daran erinnern, „dass wir nicht die vorübergehende Faszination der Menschen mit ihren langfristigen Interessen und Sympathien verwechseln dürfen“.

Langwierige Rangeleien in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen seien den Menschen wenig verständlich. Die harte Auseinandersetzung zwischen den politischen Kontrahenten wecke die Aufmerksamkeit – langfristig interessiere sie aber kaum: „Streit und Polemik langweilen bestenfalls, viel öfter aber stoßen sie ab. Politikverdrossenheit hat auch darin einen Ursprung.“ Vom Wettstreit um die besten Ideen und Lösungen hätten die Bürger in den vergangenen Wochen „leider viel zu wenig in der Berichterstattung gelesen, gehört und gesehen“, beklagt von Beust.

Ronald Schill, Landeschef seiner Partei und Koalitionspartner von CDU und FDP in der Bürgerschaft, hatte ihm ein homosexuelles Verhältnis mit Justizsenator Roger Kusch (CDU) nachgesagt und so den Vorwurf erhoben, der Bürgermeister verquicke private und politische Interessen. Von Beust fühlte sich in einem Vier-Augen-Gespräch erpresst und entließ seinen Innensenator. Unmittelbar nach dem Eklat hatte der Bürgermeister eine Grenze des Zumutbaren für sich reklamiert: „Ich kann mir vorstellen, dass es belastend wäre, wenn das Privatleben komplett – von der Kindheit bis heute – investigativ erforscht würde. Kein Mensch ist ohne Schwachstellen. Das gibt es doch gar nicht.“

Günther Beling

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