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Menschenrechte: Forderung: Deutschland soll Guantanamo-Häftlinge aufnehmen

Der künftige US-Präsident Barack Obama will das heftig kritisierte Gefangenenlager Guantanamo möglichst bald schließen. Doch was soll mit den Häftlingen geschehen? In Deutschland mehren sich die Stimmen, dass auch die Bundesrepublik Verantwortung übernehmen müsse.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), hat sich für die Aufnahme von unschuldig im Gefangenenlager Guantánamo sitzenden Häftlingen ausgesprochen. "Guantanamo ist ein amerikanisches Problem. Aber die Schließung darf nicht daran scheitern, dass man nicht weiß, wohin man mit den Gefangenen soll", sagte Nooke der "Frankfurter Rundschau". Deutschland sollte bereit sein, "einige der Uiguren aufzunehmen, die dort gefangen gehalten werden und nicht in ihre Heimat China zurückkehren können". Die muslimische Volksgruppe wird in ihrer Heimat nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen politisch unterdrückt. Mehrere Hundert Uiguren leben in München und anderswo in Deutschland im Exil.

Auch Grünen-Chefin Claudia Roth forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag in einer Mitteilung auf, "jetzt ein Zeichen der Menschlichkeit zu setzen und gegenüber der US-Regierung die Bereitschaft zur Übernahme von Gefangenen aus Guantanamo zu erklären". Der künftige US-Präsident Barack Obama will das weltweit kritisierte Gefangenenlager auf Kuba schließen. Dazu muss allerdings geklärt werden, was mit den etwa 250 Häftlingen geschehen soll.

Auch Amnesty für Aufnahme von Uiguren

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangte von der Bundesregierung eine sofortige Zusage für die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen. "Jetzt ist zügiges Handeln mehr als überfällig", sagte die Geschäftsführerin der deutschen Amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler. Die Bundesregierung solle sich gemeinsam mit anderen Staaten der Europäischen Union (EU) bereits jetzt zur Aufnahme von offensichtlich unschuldig einsitzenden Häftlingen bereiterklären.

Wie Nooke setzte sich auch Lochbihler insbesondere für die Aufnahme von Uiguren ein. "In Deutschland gibt es ein Netzwerk von Uiguren. Deshalb wäre es für sie leichter, hier neu anzufangen." Zugleich warnte sie die Bundesregierung davor, aus Sorge vor neuen Schwierigkeiten mit der chinesischen Regierung eine Aufnahme abzulehnen. "Wenn man Kritik begründet vorbringt, bedeutet dies nicht, dass man es sich verdirbt mit den Chinesen." Die Uiguren sind ein muslimisches Volk mit etwa zehn Millionen Menschen, die meisten leben in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas.

Bundesregierung fordert seit längerem Guantanamo-Schließung

Das Lager auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay, das US-Präsident George W. Bush nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 eingerichtet hatte, war von Beginn an auf scharfe Kritik von Menschenrechtsgruppen und Regierungen gestoßen. Seit 2002 werden dort nach Angaben der USA vor allem mutmaßliche Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer festgehalten. Die meisten sitzen jahrelang ohne Anklage und Zugang zu Anwälten ein. Mehrfach gab es Berichte über Misshandlungen und Erniedrigungen von Gefangenen.

Die Bundesregierung fordert seit längerem die Schließung. Zu den ersten Häftlingen, die 2002 nach Guantanamo gebracht wurden, gehörte der aus Bremen stammende Türke Murat Kurnaz. Seine Internierung dauerte bis August 2006, einen Prozess gab es nicht. Kurnaz glaubt trotz der Pläne Obamas noch nicht an die Schließung des Lagers. Obama habe dafür keine Zeit angegeben, sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Er könnte Guantanamo also auch 2012 schließen." Die Menschenrechtsorganisationen müssten weiterhin Druck ausüben. (jam/dpa/ddp)

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