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In Krakau demonstrierten viele am 21. Oktober 2020 gegen das Abtreibungsgesetz, das am folgenden Tag verabschiedet wurde.

© Imago/Beata Zawrzel

„Verheerende Auswirkungen“: Menschenrechtler ziehen Bilanz zum Abtreibungsgesetz in Polen

Das Gesetz führe zu „tragischen Folgen“ für viele Frauen, kritisieren Organisationen. Am Dienstag ist eine Frau aufgrund des Verbots gestorben.

Vor einem Jahr ist das fast vollständige Abtreibungsgesetz in Polen in Kraft getreten. Menschenrechtsorganisationen ziehen nun eine vernichtende Bilanz: Die Entscheidung habe „verheerende Auswirkungen auf das Leben von Frauen“ gehabt, erklärten mehrere Organisationen am Mittwoch, darunter Amnesty International und Human Rights Watch. Einen Tag zuvor war erneut eine Polin nach Angaben ihrer Familie Opfer des strikten Abtreibungsgesetzes geworden.

Die „extremen Hürden“ für Schwangere seien erhöht worden, kritisierten die Organisationen. Dies habe „tragische Folgen“ für viele Frauen und ihre Familien gehabt. Nach Angaben der Organisationen haben sich mehr als 1000 Polinnen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt, um das von der nationalkonservativen Regierung vorangetriebene Gesetz anzufechten.

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Polens Oberstes Gericht hatte im Oktober 2020 die Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten für verfassungswidrig erklärt und damit das ohnehin schon sehr restriktive Abtreibungsrecht weiter verschärft.

Tausende Polen hatten in der Folge gegen die Abtreibungsregeln protestiert, insbesondere nach dem Tod einer jungen Frau, den Frauenrechtsgruppen auf die strengen gesetzlichen Vorschriften zurückführten.

Am Dienstag wurde erneut eine schwangere Polin nach Angaben ihrer Familie Opfer des Abtreibungsgesetzes. Die Mutter von drei Kindern, die mit Zwillingen schwanger war, sei mit Schmerzen im Unterleib ins Krankenhaus eingeliefert worden, berichtete ihre Familie auf Facebook. Einer der Föten sei gestorben.

[Lesen Sie auch zum Thema: Genug ist genug! Warum polnische Frauen der PiS-Regierung den Kampf ansagen (T+)]

„Die Entfernung des toten Fötus wurde nicht genehmigt, da dies nach polnischem Recht strengstens verboten ist", berichtete die Familie. Die Ärzte hätten stattdessen acht Tage lang darauf gewartet, „dass sich die Vitalfunktionen des anderen Zwillings von selbst stabilisieren.“ In der Folge sei die 37-Jährige an einer Sepsis gestorben. Ihr Tod löste bei der Opposition und bei Frauenrechtsaktivistinnen Empörung aus.

Schon vor Inkrafttreten des Gesetzes hatte es im mehrheitlich katholischen Polen jährlich weniger als 2000 legal vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche gegeben. Frauenrechtsorganisationen schätzen jedoch, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. (AFP)

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