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Die richtige Symbolik? Merkel, Renzi und Hollande am Montag auf dem Flugzeugträger "Garibaldi".

© dpa

Merkel auf dem Flugzeugträger: Gutes Bild bringt schlechte Botschaft

Es war ein Bild voller Symbolik - Merkel, Renzi und Hollande auf dem Flugzeugträger. Warum es ein Fehler war, diesen Ort zu wählen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

Zumindest wissen wir jetzt, dass Italien einen Flugzeugträger besitzt. Oder einen Hubschrauberträger. Was auch immer, das Schiff ist nach dem Freiheitshelden Garibaldi benannt und pflügt durchs Mittelmeer, das den alten, Europa beherrschenden Römern als Mare nostrum galt. In unserem Meer wird unser Europa neu erschaffen, jedenfalls das Europa der EU: Das ist die unterschwellige Botschaft, und dazu haben sich die Regierungschefs Renzi, Merkel und Hollande auf dem Schiff eingefunden, militärisch begrüßt von dessen Besatzung.

Sind das nun die Bilder, die wir im Zusammenhang mit der Krise der EU, mit dem Unbehagen an der als Regulierungsmonster geschmähten Union sehen wollen? Muss es martialisch hergehen, weil die Zeiten, wenngleich eher außer- als innereuropäisch, so unfriedlich sind? Fand die italienische Regierung keinen festen Boden unter den Füßen? Nicht Rom, die Ewige Stadt, in der diejenigen Verträge geschlossen wurden, die – mehr noch als die von Maastricht oder Lissabon – das Fundament bilden, auf dem die Union errichtet wurde und, allen Erschütterungen zum Trotz, Bestand haben möge?

Auf schwankendem Boden

Auf Schiffen treffen sich Staatenlenker, wenn es ihnen an Land zu unsicher scheint. Ein berühmtes und wohl das folgenreichste Treffen fand vor 75 Jahren statt, im August 1941 auf dem britischen Schlachtschiff „Prince of Wales“ vor der Küste Amerikas. Großbritanniens Premier Churchill und der amerikanische Präsident Roosevelt verhandelten dort, mit großer Sorge wegen des seinerzeit noch siegreichen Hitler-Regimes, die Atlantik-Charta. Sie wurde am 14. August verkündet und bildet die Grundlage der Nachkriegsordnung der Welt. Auf einem Kriegsschiff Politik zu machen, besitzt hohen Symbolcharakter, es drückt Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit aus. Nicht sei der Krieg die Fortsetzung der Politik, sondern die Politik der Verhinderer jedes Krieges, so lautet die Botschaft, die das Bild wohl auch der drei übers Deck schreitenden Spitzenpolitiker erzeugen soll. Und nicht etwa, dass sich die drei auf schwankendem Boden befinden.

Als Bundespräsident Heuss in den fünfziger Jahren eines der ersten Manöver der Bundeswehr besuchte, sprach er – fast vergessen – das herrlich unmilitärische Wort „Nun siegt mal schön“. Das war damals, kaum mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des furchtbarsten aller Kriege, ein Signal. Das Signal, sich ganz allein auf das zivile Handwerk des Verhandelns, des Ausgleichs, der mühevollen Verständigung zu beschränken. So viel Zivilität sollte auch heute als Signal von und für Europa ausgesandt werden, nicht obwohl, sondern gerade weil die Zeiten so unfriedlich sind. Weil das Zivile mehr und mehr vergiftet wird.

Regierungschefs mögen Manöver besuchen, schön, aber ihr Manövrierfeld bleibt der Sitzungssaal, und ihr Sieg ein ausgehandelter Vertrag.

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