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Politik: Merkel droht Machtkampf in der Union

CSU warnt die Kanzlerin: Gesundheitsreform darf nicht im Vermittlungsausschuss landen

Von Robert Birnbaum

Berlin - Im Streit um die Gesundheitsreform bahnt sich ein offener Machtkampf zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den unionsregierten Ländern an. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer wies am Dienstag Überlegungen der Kanzlerin zurück, strittige Fragen mit den Ländern im Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern zu klären. Er forderte im Gegenteil, einen Kabinettsbeschluss so lange zu verschieben, bis eine Einigung mit jedem einzelnen Land erzielt sei.

Ramsauer erinnerte indirekt daran, dass die CSU aufgrund ihrer Sonderstellung in der Unionsbundestagsfraktion jedes andere Vorgehen blockieren könnte. „Wenn von uns kein grünes Licht kommt, wird auch in der Fraktion nichts beschlossen“, sagte Ramsauer. Nach der Fraktionsvereinbarung von CDU und CSU darf in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung die CSU nicht überstimmt werden. Merkel hatte am Montag im Präsidium auf die Möglichkeit hingewiesen, den Vermittlungsausschuss einzuschalten. In Kreisen der CDU war das als Drohung an die Länder verstanden worden.

Ramsauer sagte, ein solches Verfahren wäre „politisch ein halber Amoklauf“. Ziel müsse sein, vor der Verabschiedung im Kabinett alle Interessen, auch die der Länder, unter ein Dach zu bringen. Der CSU-Politiker stellte dabei auch den bisherigen Zeitplan zur Disposition: Ein Konsens müsse nicht im Oktober gefunden werden. Bisher strebt die Bundesregierung an, Mitte Oktober einen Gesetzentwurf ins Kabinett einzubringen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bemühte sich, die Auseinandersetzungen mit den Ländern nicht zu dramatisieren. „Die Kanzlerin droht überhaupt nicht“, sagte er. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) bezeichnete den Vermittlungsausschuss als eine „eher theoretische Möglichkeit“. Dem Tagesspiegel sagte er: „Bei der komplizierten Materie sollten wir uns bemühen, schon vorher in den zentralen Punkten eine Einigung zu erzielen.“

Auch zwischen den Koalitionspartnern verschärft sich der Ton. Union und SPD lieferten sich einen Schlagabtausch über die Eckpunkte, sowie die Zuarbeit von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). „Das Bundesgesundheitsministerium muss besser in die Hufe kommen“, verlangte Unionsfraktionschef Kauder. Schmidts Sprecher wies die Vorwürfe zurück. Die Ministerin halte sich an das verabredete Verfahren. Ramsauer forderte zudem die SPD auf, die geplante Begrenzung des Zusatzbeitrags auf ein Prozent des Haushaltseinkommens aufzugeben.

Führende SPD-Politiker reagierten gereizt auf den Versuch, die Eckpunkte aufzuschnüren. „Die müssen sich in der Union entscheiden, ob Verabredungen in der Koalition Bestand haben oder nicht. Wenn nicht, haben die Union und ihre Vorsitzende ein Problem“, sagte SPD-Vize Elke Ferner dem Tagesspiegel. Wer einzelne Punkte aufgreife, stelle alles zur Disposition. „Offenkundig stimmen die Abstimmungsprozesse in der Union nicht.“ Der rechte SPD-Flügel verlangte ein Machtwort der Kanzlerin. „Die Kanzlerin hat eine Marschroute vorgegeben und muss jetzt in ihrem eigenen Laden für Ruhe sorgen“, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs. Die SPD stehe zu den mit der Kanzlerin vereinbarten Eckpunkten. „Das Gleiche erwarten wir von der Union.“ SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte: „Die Eckpunkte stehen. Und wir stehen zu den Eckpunkten.“

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