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Die Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel (CDU) wird kritisiert .

© / Imago/photothek.de/Thomas Trutschel

Merkel spricht über ihre Ukraine-Politik: „Ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen“

Hätte Angela Merkel mehr tun können, um Putins Krieg gegen die Ukraine zu verhindern? Dieser Kritik muss sich die Ex-Kanzlerin immer wieder stellen. Das sagt sie selber dazu.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Bericht des „Spiegel“ auf ihre Russland- und Ukraine-Politik zurückgeblickt. Sie habe am Ende ihrer Amtszeit keine Möglichkeit mehr gesehen, auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin einzuwirken, sagte die CDU-Politikerin.

Im Sommer 2021 hatten sich US-Präsident Joe Biden und Putin getroffen. Das Minsker Abkommen sei zu dieser Zeit „ausgehöhlt“ gewesen, sagte Merkel. Sie habe „mit Emmanuel Macron im EU-Rat noch mal ein eigenständiges europäisches Gesprächsformat mit Putin herstellen“ wollen. Dazu kam es jedoch nicht.

Angesichts der Tatsache, dass klar war, dass sie wenige Monate später nicht mehr Bundeskanzlerin Deutschlands sein würde, sei ihr Einfluss gesunken. „Ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen, weil ja alle wussten: Die ist im Herbst weg“, sagte Merkel dem Magazin.

Das Gefühl war ganz klar: Machtpolitisch bist du durch. Für Putin zählt nur Power.

Angela Merkel

Sie habe stattdessen andere im EU-Rat gefragt. Erfolglos. „Die eine sagte: Das ist zu groß für mich. Der andere zuckte nur mit den Schultern: Das müssten die Großen machen. Wenn ich im September noch mal angetreten wäre, hätte ich da weitergebohrt.“

Ähnlich sei es ihr auch bei ihrem letzten Besuch bei Putin im August 2021 ergangen. „Das Gefühl war ganz klar: Machtpolitisch bist du durch. Für Putin zählt nur Power. Er hatte zu diesem letzten Besuch auch seinen Außenminister Sergej Lawrow mitgebracht, sonst haben wir uns häufiger unter vier Augen getroffen“, erinnert sich Merkel.

Ob sie es deshalb bereut habe, nicht noch einmal angetreten zu sein, wurde die Ex-Kanzlerin ebenfalls gefragt. Sie verneinte.

„Da musste mal jemand Neues ran. Innenpolitisch war es überreif. Und außenpolitisch war ich zum Schluss auch bei so vielem, was wir wieder und wieder versucht haben, keinen Millimeter mehr weitergekommen. Nicht nur, was die Ukraine angeht. Transnistrien und Moldau, Georgien und Abchasien, Syrien und Libyen. Es war Zeit für einen neuen Ansatz.“

Sie sei sich mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama in der Einschätzung von Putin einig gewesen. „Wir haben nach der Krimannexion Russlands (2014) alles versucht, um weitere Überfälle Russlands auf die Ukraine zu verhindern, und unsere Sanktionen im Detail abgestimmt.“

Durch den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 sei eine „euphorische Phase“ der Geschichte abgeschlossen worden. „Heute steht man eher einer Welt gegenüber, die wieder voller Komplikationen ist“, sagte Merkel.

„Geschichte wiederholt sich nicht, aber ich fürchte, dass sich Muster doch wiederholen. Das Grauen verschwindet mit den Zeitzeugen. Aber es verschwindet auch der Versöhnungsgeist.“

Merkel hatte im Dezember 2021 nach 16 Jahren ihr Amt abgelegt. Ihr Nachfolger ist Olaf Scholz. Die ehemalige Kanzlerin ist seit ihrem Ausscheiden nur selten in der Öffentlichkeit aufgetreten. (mit Reuters)

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