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Blumen und Kerzen liegt an einer Bushaltestelle vor dem Supermarkt in Hamburg-Barmbek.

© dpa

Messerattentat in Hamburg: Bundesamt verpasste Abschiebefrist für Ahmad A. um einen Tag

Wie "Der Spiegel" berichtet, hätte Ahmad A. 2015 nach Norwegen abgeschoben werden können. Doch das Bamf verpasste den Termin.

Eine "folgenreiche Behördenpanne" nennt es "Spiegel Online": Der Mann, der in Hamburg bei einer Messerattacke einen Mann tötete und sieben weitere verletzte, hätte nach Informationen von "Spiegel Online" bereits 2015 nach Norwegen abgeschoben werden können. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe die Frist für die Abschiebung um einen Tag "verschlafen". Ahmad A. hatte in Norwegen laut "Spiegel Online" erfolglos einen Asylantrag gestellt und hätte deshalb nach den Regeln des sogenannten Dublin-Systems dorthin zurückgeschickt werden können. Auch das Nicht-EU-Land-Norwegen hat sich diesen Vorschriften unterworfen.

Im Mai 2015 hatte das Bamf die Fingerabdrücke des Palästinensers genommen und dabei den erfolglosen Antragsverlauf in Norwegen nachvollzogen, berichtete "Spiegel Online" am Dienstag. Am 14. Juli dann stellte die Behörde ein Rücknahme-Ersuchen an Norwegen, verpasste dabei aber die Frist um einen Tag. "Spiegel Online" gegenüber räumte das Bamf dieses Versäumnis ein. Von da an weigerten sich die norwegischen Behörden den Mann zurückzunehmen, Deutschland wurde für ihn zuständig. Erst am 23. November 2016 lehnte das Bamf dann Ahmad A. Asylantrag ab - also eineinhalb Jahre, nachdem er nach Deutschland gekommen war.

Ahmad A. wollte freiwillig ausreisen

Nachdem sein Asylantrag abgelehnt worden war, hätte Ahmad A. theoretisch in die Palästinensergebiete abgeschoben werden können. Doch dies scheiterte nach Angaben der Hamburger Innenbehörde daran, dass er keinen Pass besaß und die palästinensische Mission in Deutschland noch keine Ersatzpapiere für ihn ausgestellt hatte. Und Ahmad A. soll sich laut "Spiegel Online" auch kooperativ gezeigt haben - er wollte freiwillig in den Gazastreifen ausreisen. Er soll sich sogar noch am Morgen vor seinem Attentat in Hamburg nach dem Stand der Dinge für seine Ausreise bei der Behörde erkundigt haben. Am Nachmittag des 28. Juli dann attackierte er in einem Supermarkt im Hamburger Stadtteil Barmbek wahllos Menschen, tötete einen 50-jährigen Mann und verletzte sieben weitere Personen.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat die Ermittlungen übernommen. Sie geht davon aus, dass Ahmad A. sich erst am Tag der Tat zu dem Attentat entschlossen habe. Er habe als "als Märtyrer sterben" wollen. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der 26-Jährige als Mitglied der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) oder einer anderen Terrorgruppe gehandelt habe, erklärte die Bundesanwaltschaft. Den bislang vorliegenden Erkenntnisse zufolge radikalisierte sich der junge Mann selbst. Die Karlsruher Ermittler beriefen sich dabei auf Aussagen des Verdächtigen. Demnach beschäftige er sich seit "geraumer Zeit" mit radikal-islamischen Themen und entschloss sich zwei Tage vor der Tat zu einer entsprechenden Lebensweise.

CDU und SPD fordern konsequentere Abschiebungen

Bereits zuvor hatten besonders Politiker von CDU und SPD konsequentere Abschiebungen gefordert. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „Bild am Sonntag“, der „verfahrenstechnische Teufelskreis“ bei Abschiebungen müsse beendet werden: „Wenn eine Radikalisierung bekannt ist, müssen solche Personen aus dem Verkehr gezogen und festgesetzt werden, bevor sie Taten begehen.“

Die Integrationsbeauftragte der CDU/CSU Fraktion im Bundestag, Cemile Giousouf (CDU), erhob am Wochenende schwere Vorwürfe gegen Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). „Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Radikalisierter, der sich im Ausreiseverfahren befindet und dessen Umfeld die Polizei warnt, nicht in Abschiebehaft genommen wurde“, erklärte sie. „Die katastrophalen Zustände der Flüchtlingsunterkunft am Kiwittsmoor in Hamburg, wo 590 Menschen sich selbst überlassen werden, sind ein weiterer Beleg der Ignoranz.“ (mit AFP)

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