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Michel Aoun, Gründer der "Freien Patriotischen Bewegung" und Präsidentschaftskandidat im Libanon.

© Nabil Mounzer/dpa

Präsidentschafts-Kandidat im Libanon: Michel  Aoun - neue Hoffnung für einen alten Kämpfer

Michel Aoun will libanesischer Präsident werden - seit Jahren. Jetzt ist er diesem Ziel ein Stück näher gekommen. Doch für den Libanon ist das keine gute Nachricht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Bodo Straub

Wie ein Hochzeitspaar standen sie da, Samir Geagea und Michel Aoun, und hielten gemeinsam das Messer, um den Kuchen anzuschneiden: Noch vor Kurzem war dieses Bild unvorstellbar. Doch am Montagabend verkündete Samir Geagea im libanesischen Meerab eine Sensation: Er zieht seine Kandidatur für das libanesische Präsidentenamt zurück und unterstützt die Kandidatur seines jahrzehntelangen Feindes Michel Aoun.

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Seit 20 Monaten ist das Amt des libanesischen Präsidenten vakant, das traditionell einem maronitischen Christen zusteht. Vor allem junge Libanesen hatten die Hoffnung aufgegeben, dass sich die zerstrittenen politischen und religiösen Gruppierungen im Land auf einen Kandidaten einigen können. Viele fürchteten, dass der neue Präsident wieder der alten, korrupten Machtelite entstammen wird, die das Land seit Jahrzehnten im Griff hat – wie Michel Aoun. 35 Mal kam das Parlament seit Mai 2014 zusammen, um ein neues Staatsoberhaupt zu wählen – erfolglos. Der Libanon war politisch gelähmt.

Der Machtkampf reicht bis in den Bürgerkrieg zurück

Hauptgrund war der Machtkampf zwischen Aoun und Geagea. Vor 26 Jahren, in den letzten Monaten des Bürgerkriegs, lieferten sich beide einen Kampf mit tausenden Toten um die Vorherrschaft unter den Christen. Aoun verlor und floh vor den Truppen der syrischen Besatzungsmacht ins französische Exil. 2005 kehrte er zurück mit dem Versprechen, Korruption und Vetternwirtschaft zu beenden. Aber sein einziges ernsthaftes Ziel war, Präsident zu werden. Dafür bediente er sich alter Seilschaften und knüpfte neue. Er söhnte sich mit dem Regime in Damaskus aus und ging eine strategische Partnerschaft mit der schiitischen Hisbollah ein. Beides kam einem Tabubruch gleich. Beide Verbündete unterstützen ihn bis heute.

Und nun unterstützt ihn auch noch Samir Geagea. Damit hat Aoun die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich. Jetzt muss er noch den großen Block überzeugen, der einen weiteren Kandidaten favorisiert, Sleiman Frangieh. Eine schwierige Aufgabe für Aoun, aber keine unlösbare. Mit seinen 80 Jahren ist er lang genug dabei, um die richtigen Strippen zu ziehen und die Blockade des Landes zu beenden.

Eigentlich eine gute Nachricht für den Libanon, wäre es nicht gerade Aoun. Bis heute hat er kein nennenswertes politisches Programm außer sich selbst. Als Vertreter der alten Elite, die das Land quasi-feudal beherrscht, ist der Ex-General Teil des Problems statt der Lösung.

Lesen Sie auch: Wie Berlin war auch Beirut bis 1990 in Ost und West geteilt. Heute sieht man in der libanesischen Metropole davon nur wenig - aber man spürt es. Ein Rundgang durch eine unsichtbar geteilte Stadt.

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