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Schon im heiratsfähigen Alter?

© dpa

Minderjährige Flüchtlinge: Auch unter 18-Jährige dürfen in Deutschland heiraten

In anderen Ländern werden Ehen vielfach früher geschlossen als in Deutschland. Schnell ist nun von Zwangsehen die Rede. Viel öfter dürfte es sich aber um Zweckehen handeln - und die sind mit der deutschen Gesetzgebung durchaus vereinbar. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Die Motive, einander zu heiraten, sind verschieden. Liebe, klar. Aber Liebende sind eigentlich die Letzten, die sich zur Festigung ihres Verhältnisses gesetzlich binden müssten. Seien wir also ehrlicher. Die Ehe bürgerlichen Rechts ist eine Zweckgemeinschaft. Ein besonderer Typ gegenseitiger Verpflichtung, zu der bis heute gelegentlich die Auffassung vertreten wird, die Partner müssten auch sexuell einander zur Verfügung stehen. Eine Naturalobligation, heißt es in der Sprache der Juristen.

Die Ehe ist eine in jeder Hinsicht folgenreiche Vereinbarung. Deshalb legt das Gesetz die Ehemündigkeit auf 18 Jahre fest. Jeder soll abschätzen können, was ihm blüht. Vernünftig. Die allermeisten kämen gar nicht auf den Gedanken, früher zu heiraten.

Was aber, wenn doch? Dann sieht das Gesetz eine – höchst selten beanspruchte – Ausnahme vor. Die kommt nun in die Diskussion, weil in anderen Ländern Ehen vielfach früher geschlossen werden. Schnell ist von Zwangsehe die Rede. Viel öfter dürfte es sich aber um eine Zweckehe handeln, etwas, das sich mit der deutschen Gesetzgebung vereinbaren lässt. Deshalb werden ausländische Ehen prinzipiell anerkannt.

An dem Vorstoß, daran etwas im Hinblick auf ankommende Flüchtlinge zu ändern, erscheint vor allem der Regelungsbedarf fraglich. Denn die Zahl der Fälle ist überschaubar. Verheiratete minderjährige Flüchtlinge sind meist über 16 Jahre alt. Ihnen zu verwehren, was Deutsche per Ausnahme längst dürfen, erscheint widersprüchlich. Die Ausnahme abschaffen? Möglich. Aber warum liebenden 16- oder 17-Jährigen im Wege stehen, die es unbedingt wollen?

So fremd ist uns das alles nicht

Heikler sind die Ehen mit Jugendlichen ab 14 Jahren. Darunter greift das Strafrecht. Aber darüber kann es auch Liebende geben, die Wert auf ihre Zweckgemeinschaft legen. 14 ist zudem ein Alter, in dem auch in unseren Breiten insbesondere Mädchen sexuelle Kontakte zum anderen Geschlecht aufnehmen. So fremd ist uns das alles nicht.

Heiko Maas lag also sehr richtig, als er meinte, Zwangsehen dürften wir nicht dulden. Aber so pauschal lässt sich das für die Ehen von 14- und 15-Jährigen eben nicht sagen. Die Gerichte sehen sich die Einzelfälle an und beurteilen danach, wie sehr die Eltern – oder bei Flüchtlingen meistens: das Jugendamt – über das Leben der Betroffenen bestimmen sollen. Kommen sie zum Ergebnis, ein Mädchen soll in sein Glück gezwungen werden, kann der Staat sich einschalten.

Den Politikern muss schon etwas sehr Gutes einfallen, um eine klügere Regelung zu schaffen. Eine, die Minderjährige besser schützt und zugleich notwendige Spielräume erhält. Warten wir es ab. Bislang drängt sich der Eindruck auf, dass hier ein weiteres Zeichen gesetzt werden soll. Ein Symbol gegen das, was an Fremden nicht willkommen ist.

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