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Mindestlohn: Zurück an den Absender

Einige Bundesländer wollen die Aufnahme der Briefzusteller in das Entsendegesetz verhindern – doch die anderen machen nicht mit.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Einige unionsregierte Bundesländer haben am Donnerstag den Streit der großen Koalition um den geplanten Mindestlohn für die Postbranche angeheizt. Im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates beantragten die beiden CDU-FDP-regierten Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Aufnahme der Briefzusteller in das Entsendegesetz abzulehnen. Beide Länder argumentierten, der vorliegende Antrag des von der Post AG dominierten Arbeitgeberverbandes und der Gewerkschaft Verdi repräsentiere nicht die erforderliche Hälfte der in der Gesamtbranche beschäftigten Mitarbeiter. Der Antrag der Länder fand allerdings keine Mehrheit. Dem Vernehmen nach stimmte nur Thüringen dem Antrag zu. Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen enthielten sich der Stimme. Die Chancen, dass Bundestag und Bundesrat in diesem Herbst der Aufnahme der Briefdienstleister in das Entsendegesetz zustimmen werden, ist damit gestiegen.

Ursprünglich wollte Hessen gemeinsam mit Niedersachsen die Ablehnungsanträge einbringen, ruderte dann aber zurück. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) distanzierte sich später vom Antrag seines Landes und bezeichnete ihn als FDP-Vorstoß. „Initiativen des FDP-Wirtschaftsressorts liegen in der Verantwortung der Fachminister“, sagte Wulff der dpa.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete das Verhalten der Unionsländer als „Frechheit ohnegleichen“. Er warf dem niedersächsischen Regierungschef Wulff vor, er wolle hart arbeitenden Briefdienstleistern „die finanzielle Sicherheit nehmen, die wir Sozialdemokraten durchgesetzt haben angesichts der bevorstehenden Liberalisierung des Postmarktes zum 1. Januar 2008“.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer warnte hingegen vor einer Mauschelei. „Der Tarifvertrag, auf den sich die Post und Verdi berufen, riecht ganz stark nach einem Mauschel-Tarifvertrag“, sagte Ramsauer. Auch er bezweifelte, dass der Vertrag die Voraussetzung für die Aufnahme ins Entsendegesetz erfülle.

Nach dem Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Vorstandschef der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, am Mittwochabend hat der von der Post dominierte Arbeitgeberverband AGV den Wettbewerbern erneut angeboten, dem Tarifvertrag mit der Gewerkschaft Verdi zum Mindestlohn für Briefdienstleister beizutreten. „Wir sind nach wie vor für einen Beitritt der Wettbewerber offen", sagte AGV-Vorsitzender Wolfhard Bender dem Tagesspiegel. Bender betonte, eine solche Zusammenarbeit habe der Verband den Wettbewerbern in der jüngeren Vergangenheit mehrfach angeboten. „Bisher sind unsere Versuche jedoch alle ergebnislos verlaufen".

Der Arbeitgeberverband AGV hat nach Angaben Benders gegenwärtig 25 Mitglieder und repräsentiere über 200 000 Beschäftigte. Neben der Post AG seien weitere neun Mitglieder Tochterunternehmen der Post. Die 15 Nicht-Post-Mitglieder seien überwiegend mittelständische Unternehmen des Logistikgewerbes ohne direkte wirtschaftliche Beziehungen zum Post-Konzern. In ihnen arbeiteten rund 50 000 der 200 000 Beschäftigten.

Die Aufnahme der Briefdienstleister in das Entsendegesetz soll den Bundesrat Anfang Oktober und den Bundestag Ende Oktober beschäftigen. Eine endgültige Zustimmung der Länderkammer wird für Ende November erwartet. Danach hat Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) die Möglichkeit, per Verordnung die Höhe des Mindestlohnes festzusetzen. Mit dieser Regelung wird der von Post und Verdi ausgehandelte Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt – das heißt, er gilt dann auch für jene Betriebe, die keinem Arbeitgeberverband angehören. Dies können die Wettbewerber der Post und Mindestlohngegner nur verhindern, wenn sich alle drei Parteien – Post-Verband, Verdi und Arbeitgeberverband der Post-Wettbewerber – auf einen neuen, gemeinsamen, Tarifvertrag verständigen. Die Bereitschaft der Post-Wettbewerber und von Verdi zu einem solchen Schritt ist jedoch im Augenblick nicht erkennbar. Die Kanzlerin hatte am Mittwoch alle Beteiligten in einem „Appell“ aufgefordert, eine branchenweit akzeptierte Lösung zu finden.

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