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Politik: Ministerin: Raucher sollen mehr zahlen

Regierung denkt an 60 Cent pro Schachtel zusätzlich / DGB für höhere Schulden / SPD-Linke will Vermögensteuer

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Berlin. Die Regierung rückt vorsichtig von ihrem Kurs ab, die Steuern nicht zu erhöhen. Gesundheitsministerin Schmidt sprach sich am Mittwoch für eine um 60 Cent pro Schachtel höhere Tabaksteuer aus, um vier bis fünf Milliarden Euro einzunehmen. Regierungssprecher Anda sagte, die Diskussion darüber sei ein „offener Prozess“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und Kritiker in der SPD legten eigene Reformideen vor. Der DGB will mehr neue Schulden. Das sei wegen der Brüsseler Defizit-Vorgaben jedoch ausgeschlossen, sagte Grünen-Finanzexpertin Scheel dem Tagesspiegel. Schon jetzt sei klar, dass der Etat erst 2007 auszugleichen sei.

Von Cordula Eubel

und Antje Sirleschtov

Trotz des Widerstands von Finanzminister Hans Eichel dringt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (beide SPD) auf eine Erhöhung der Tabaksteuer. Darüber will sie versicherungsfremde Leistungen wie das Mutterschaftsgeld finanzieren. Zugleich könnten junge Menschen vom Rauchen abgehalten werden, sagte Schmidt. Allein in Deutschland würden jedes Jahr 110 000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben. An diesem Donnerstag soll in einer Koalitionsrunde beim Bundeskanzler über den Vorschlag entschieden werden. Eine höhere Tabaksteuer könnte auch den Kritikern der Reformagenda 2010 entgegenkommen. Die parlamentarische Linke in der SPD, die Initiatoren des Mitgliederbegehrens und mehrere SPD-Landeschefs haben Alternativen: Damit auch die Reicheren stärker belastet werden, fordern sie eine Vermögen- und Erbschaftsteuer, den Verzicht auf die geplante Senkung des Spitzensteuersatzes im Jahr 2005 sowie auf die Zinsabgeltungssteuer. „Dann kommt kein Schwarzgeld nach Deutschland zurück“, befürchtet die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel.

Nach dem geplatzten Gespräch bei Gerhard Schröder fordert der DGB, zur Sanierung der Staatsfinanzen die Neuverschuldung zu erhöhen. Die Kaufkraft solle durch Steuersenkungen gestärkt werden. Nicht beilegen konnten die Gewerkschaftsführer ihren Streit über die künftige Verhandlungsstrategie mit der Bundesregierung.

Die Vorschläge der Gewerkschafter lehnte Scheel ab. Das Vorziehen von Steuerreformstufen würde bei Bund und Ländern „Haushaltslöcher reißen, die sich niemand leisten kann“, sagte sie. Außerdem sei es der EU-Kommission in Brüssel nicht zu erklären, wenn die Steuern noch weiter gesenkt würden, während das Haushaltsdefizit ohnehin über dem Maastricht-Ziel liege. Scheel bezweifelte, dass Deutschland bis 2006 ausgeglichene öffentliche Haushalte vorlegen kann. Nach Informationen des „Handelsblatts“ müssen Eichel und seine Länderkollegen in diesem Jahr mit Steuerausfällen von rund 15 Milliarden Euro rechnen. Allein der Bund müsse gegenüber der letzten Steuerprognose vom November 2002 ein Minus von bis zu sechs Milliarden Euro verkraften.

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