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Politik: Misstrauensvotum gegen Villepin

Frankreichs Zentrumspartei UDF schließt sich Antrag der Opposition gegen den Premierminister an

Zum dritten Mal in seiner knapp einjährigen Amtszeit muss sich Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin am heutigen Dienstag einem Misstrauensvotum in der Nationalversammlung stellen. Der von den oppositionellen Sozialisten im Zusammenhang mit der Clearstream-Affäre eingebrachte Antrag hat zwar angesichts der Mehrheitsverhältnisse ebenso wenig wie die beiden vorausgegangenen Aussichten, zum Sturz der Regierung zu führen. Dafür wären die Stimmen von 289 der 577 Deputierten nötig, von denen die konservative Regierungspartei UMP allein 364 stellt. Dennoch dürften viele Abgeordnete des Regierungslagers diesmal vor der Gewissensfrage stehen, wie lange sie dem zur Staatskrise ausartenden Schauspiel noch tatenlos zusehen wollen. Einem Schauspiel, in dem unter der Schirmherrschaft von Präsident Jacques Chirac der durch eine Verleumdungsintrige gegen den eigenen Innenminister Nicolas Sarkozy angeschlagene Regierungschef um sein politisches Überleben kämpft.

Für Francois Bayrou, den Führer der Zentrumspartei UDF, die mit einem Minister in der Regierung vertreten ist, ist die Antwort klar. Er hat einen „Akt des Widerstands gegen den Verfall Frankreichs“ angekündigt und wird für den Misstrauensantrag stimmen. Das hat ihm von Parlamentspräsident Jean-Louis Debré, einem unerschütterlichen Gefolgsmann Chiracs, den Vorwurf des „Verrats“ eingebracht. Doch am Ausgang des Votums wird es kaum etwas ändern. Da nur die Stimmen zählen, die für den Antrag abgegeben werden, müssen die Deputierten des Regierungslagers gar nicht zur Abstimmung erscheinen. Das erspart denen, die gegen Villepin sind, sich aber nicht wie Bayrou dazu überwinden können, mit der Opposition zu stimmen, sich in der einen oder anderen Weise zu ihrer Haltung zu bekennen.

Das Überleben der Regierung Villepin erscheint damit vorerst gesichert. Hauptstütze des Premiers, der im Verdacht steht, gegen den Innenminister und UMP-Vorsitzenden Sarkozy als Rivalen um die Präsidentschaftskandidatur 2007 eine Geheimdienstuntersuchung wegen angeblicher Schmiergeldkonten bei der Luxemburger Clearstream-Bank angeordnet zu haben, ist weiterhin Präsident Chirac. Von Sarkozy hat Villepin derzeit nichts zu befürchten, nachdem dieser am Wochenende darauf verzichtete, die Tür hinter sich zuzuknallen. Er wolle keine politische Revanche, hatte Sarkozy in einer Konferenz vor 1500 Parteikadern erklärt, sondern „echte Gerechtigkeit“. Noch mehr dürfte für ihn das Argument zählen, dass er als Innenminister und damit als Chef der Polizei und des Inlandsgeheimdienstes DST eine bessere Machtposition hat. Wie wenig es sich um eine Solidarität mit der Regierung handelt, zeigen von Vertrauten des Innenministers, die ohne Namen zu nennen erklärten, Sarkozy sei das Ziel eines „politischen Mordversuchs“ geworden.

Die Aufklärung der Affäre liegt weiter in den Händen der beiden Untersuchungsrichter Jean Marie Huy und Henri Pons. Mit Spannung wird am Donnerstag die neuerliche Vorladung des früheren Geheimdienstgenerals Philippe Rondot erwartet. Nach seiner ersten Aussage zu den von der Justiz sichergestellten privaten Notizen, aus denen die Zeitung „Le Monde“ ausführlich zitierte, gilt er als die Schlüsselfigur der Affäre. Ihm soll Villepin im Januar 2004 als damaliger Außenminister unter Berufung auf „Instruktionen“ Chiracs den Auftrag erteilt haben, anhand von Kontenlisten, die sich später als gefälscht herausstellten, gegen Sarkozy zu ermitteln. Im Verlauf weiterer Unterredungen habe Rondot Zweifel an der Echtheit der Listen geäußert. Villepin aber habe sich darüber hinweggesetzt und mit den Worten zur Diskretion gemahnt: „Wenn wir, der Präsident und ich, in diesem Zusammenhang erscheinen, sind wir erledigt.“

In einem Interview hat Rondot jetzt diese von „Le Monde“ veröffentlichten Zitate in Abrede gestellt und angekündigt, er werde der Vorladung der Richter keine Folge mehr leisten, da er von ihrer Untersuchung nicht mehr überzeugt sei. Versucht der General, wie die Zeitung „Libération“ anmerkte, als „braver Soldat“ und vielleicht sogar „auf Anweisung von oben“ den angerichteten Schaden zu begrenzen?

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