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Politik: Mit dem Segen des Kremls

Vor der Präsidentenwahl in Tschetschenien steht der Sieger so gut wie fest: Ex-Innenminister Alchanow

Schon zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr wird in Tschetschenien ein Präsident gewählt. Die Abstimmung am kommenden Sonntag ist nötig geworden, weil der erst im letzten Oktober zum Verwaltungschef gekürte Ahmed Kadyrow Anfang Mai bei einem Sprengstoffanschlag ums Leben kam.

Insgesamt 600 000 Stimmberechtigte sind an die Urnen in über 430 Wahllokalen gerufen. Sechs Kandidaten sind noch im Rennen, der Sieger dürfte aber bereits feststehen: der tschetschenische Ex-Innenminister und Polizeigeneral Alu Alchanow. In Tschetschenien gehe es nicht um die Wahl des Präsidenten, sondern um eine Wahl durch den Präsidenten – den russischen nämlich, mokierte sich der Satiriker Viktor Schenderowitsch im Radiosender „Echo Moskwy“.

Putin hatte Alchanow gleich nach dem Anschlag auf Kadyrow im Kreml empfangen und diesem Ende vergangener Woche, als er mit ihm Pläne für den Wiederaufbau der durch fast zehn Jahre Krieg zerstörten Republik diskutierte, zugesagt, die Erlöse aus dem Export tschetschenischen Öls für Sozialprogramme im Krisengebiet zu verwenden. Gemeinsam mit Alchanow besuchte Putin medienwirksam Kadyrows Grab. Auch bekam Alchanow knapp zwei Wochen vor der Abstimmung den Festsaal des russischen Senats in Moskau, wo er in Anwesenheit von einem Dutzend TV-Teams und unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen die einflussreiche tschetschenische Diaspora für seine Kandidatur begeistern durfte.

Publicity, von der die Konkurrenz nur träumen kann. Medienproteste schmetterten Russlands oberster Wahlleiter Alexander Weschnjakow und dessen tschetschenischer Stabschef Abdul-Kerim Arsachanow jedoch ab: Die „Maßnahme“ sei kein Wahlkampf, sondern lediglich eine „Informationsveranstaltung“ gewesen, denn stimmberechtigt seien nur in Tschetschenien ansässige Wähler.

Bei Alchanows Mitbewerbern legten die Tugendwächter der gelenkten Demokratie strengere Maßstäbe an. Wie schon bei der Wahl Kadyrows wurden aussichtsreiche Bewerber wie Lottomillionär Malik Saidullajew wegen Formfehlern gar nicht erst zugelassen. Auch musste am Montag die letzte kritische Zeitung der Republik, „Tschetschenskoje Obschtschestwo“, ihr Erscheinen einstellen.

Im Vorfeld der Wahlen verstärkten indes die Separatisten in Tschetschenien und in den angrenzenden Regionen ihre Aktivitäten. Bei neuen Gefechten wurden in der Nacht zum Dienstag zwölf Kämpfer getötet.

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