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Politik: Mit gebremstem Elan

Die Bundesregierung knüpft eine Ausweitung des Afghanistaneinsatzes an Bedingungen

Von Robert Birnbaum

Berlin - In der Diskussion über eine Ausweitung des Bundeswehr-Engagements in Afghanistan hat die Bundesregierung am Montag sachte, aber wahrnehmbar auf die Bremse getreten. Vizeregierungssprecher Thomas Steg bediente sich dabei eines probaten Mittels: Er verwies auf den Dienstweg. Wenn Deutschland sich stärker engagieren sollte, müsse man mit der Afghanistan-Schutztruppe Isaf und in der Nato besprechen, welche zusätzlichen Aufgaben die Deutschen übernehmen könnten. Dann müsse geprüft werden, ob die Bundeswehr diese Aufgaben überhaupt erfüllen könne. Allerdings: „Der Zeitpunkt ist jetzt noch nicht gekommen, um das abschließend zu entscheiden“, betonte der Regierungssprecher.

Tatsächlich ist auch die seit Tagen laufende Debatte in den Koalitionsparteien noch kaum mehr als ein sommerliches Vorgeplänkel auf den Herbst, in dem die Entscheidung über die Verlängerung der derzeit drei deutschen Afghanistanmandate ansteht. Die SPD-Führung versucht dabei, den internen Kritikern ein Tauschgeschäft schmackhaft zu machen: Mehr deutsche Soldaten unter Isaf-Kommando, dafür wird die Bereitstellung von bis zu 100 Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte für die US-geführte Antiterroroperation „Enduring Freedom“ (OEF) gestrichen. Diese Operation, betonte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold am Montag noch einmal, beruhe völkerrechtlich auf ganz anderen Grundlagen als die von den UN beauftragte Isaf. Und in der SPD-Fraktion wüchsen die Bedenken gegen OEF doch in einem Maße, dass es im Herbst nicht einfach angehe, die drei Mandate – OEF, Isaf und das davon formal getrennte Tornado-Aufklärungsmandat – unverändert zu verlängern.

Schützenhilfe hat die SPD-Spitze inzwischen von eher unerwarteter Seite bekommen: Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder schließt mittlerweile nicht mehr aus, dass die Bundeswehr mit mehr Soldaten als bisher in Afghanistan auftritt. Kauder knüpfte das allerdings in der „Bild“-Zeitung an eine listige Bedingung: „Wenn die Bundesregierung es für nötig hält, das deutsche Kontingent aufzustocken, dann ist dies aus meiner Sicht auch richtig.“ Was Kauder natürlich wusste, aber nicht sagte: Mindestens ein Teil der Bundesregierung, nämlich der Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), hält einen Tauschhandel – „mehr Isaf, dafür kein OEF mehr“ – für falsch. Im Bendlerblock wird zum einen befürchtet, dass ein Ausstieg aus OEF den Druck anderer Nato-Partner auf Deutschland massiv erhöhen würde, sich nicht nur stärker, sondern vor allem mit größerem Risiko als bisher zu engagieren. Amerikaner, Kanadier, Briten, aber auch Niederländer sehen sich schon heute als Prellböcke missbraucht, die im Süden und Osten Afghanistans ihren Kopf im Kampf gegen die Taliban hinhalten, damit die Deutschen im Norden in relativer Ruhe bleiben. Bisher konnten die Deutschen darauf verweisen, dass sie zumindest theoretisch auch in den Anti-Taliban-Kampf eingebunden sind. Ein Ausstieg aus OEF würde, befürchten Ministeriumsvertreter, den Druck der Alliierten in einem Ausmaß steigen lassen, dass er mit ein paar zusätzlichen Isaf-Truppen nicht zu besänftigen sei. Der zweite Grund für die Abneigung im Bendlerblock gegen eine Kündigung der OEF-Beteiligung liegt in einer Art militärfachlicher Verärgerung. Der Eindruck, OEF sei für die bösen Kampfaufträge zuständig und Isaf für die gute Aufbauarbeit, der verkenne einfach, dass Isaf genauso kämpfe – und dass es beispielsweise keineswegs nur die OEF-Amerikaner seien, auf deren Konto versehentlich getötete Zivilisten gingen.

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hat gerade erst angekündigt, gegen solche Fehler vorzugehen. Man erwäge den Einsatz kleinerer Bomben. Außerdem werde die Isaf Angriffe künftig stoppen, wenn Zivilisten gefährdet werden könnten. „Wenn das bedeutet, dass wir die Taliban nicht am Mittwoch, sondern am Donnerstag angreifen, dann kriegen wir sie halt dann“, sagte er der FTD.

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