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Politik: Mit Gutschein zur Kita

Rezept für gute Betreuung? Eine Berliner Ökonomin entwickelte, was jetzt die Regierung interessiert

Berlin - Sie ist die Erfinderin: Die Ökonomin C. Katharina Spieß aus Berlin hat die Idee theoretisch vorbereitet, mit der sich erklärtermaßen nun auch die Bundesfamilienministerin und der Bundesfinanzminister eingehend beschäftigen wollen – nämlich die Kinderbetreuung in Deutschland über ein Gutscheinmodell zu organisieren. Schon in ihrer Dissertation Mitte der 90er Jahre hat die studierte Volkswirtin die Vorteile dieses damals bereits in einigen US-Staaten praktizierten Systems beschrieben. „In der deutschen Ökonomie war ich damals gewissermaßen die einsame Vorkämpferin“, sagt sie.

Entscheidend an dem Gutscheinmodell sei die „Subjektorientierung“, betont die Mitarbeiterin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professorin für Familien- und Bildungsökonomie an der Freien Universität Berlin. Wenn sich die Kita-Träger über eingelöste Gutscheine mitfinanzieren müssten, werde es plötzlich „wichtiger, sich an den Kunden und ihren Wünschen zu orientieren“. Dies könne „Signalwirkung haben“, und einen für Eltern wie Kinder vorteilhaften Wettbewerb auslösen, sagt Spieß. Schließlich seien die Einrichtungen dann gezwungen, sich zu profilieren und von anderen Häusern abzusetzen. In den beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg, die bereits mit Gutscheinsystemen arbeiten, habe sich schon „unheimlich viel bei den Einrichtungen getan“. Das betreffe Öffnungszeiten ebenso wie besondere Betreuungs- und Bildungsangebote. Auch für privat-gewerbliche Anbieter könnten sich durch Gutscheinmodelle Chancen eröffnen – zum Vorteil der Kunden, wie Spieß betont. „Die Förderung sollte sich nicht an der Gewinnorientierung festmachen, sondern an Qualitätsstandards“, fordert sie. So könne neue Vielfalt entstehen. Bislang befinden sich Betreuungseinrichtungen in Deutschland vorwiegend in der Hand von Kommunen, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden. Gewinnorientierte Einrichtungen sind aufgrund fehlender Förderung zu teuer, als eine Art „Elite-Kitas“ kämen sie, schätzt die Ökonomin, auf einen Anteil von gerade mal drei Prozent.

Mit den Gutscheinen und dem ihnen zugrundeliegenden Rechtsanspruch lasse sich die Kinderbetreuung nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verbessern, betont Spieß. Das Hauptproblem sei, dass Eltern bisher nicht vollständig erkennen können, ob die jeweilige Einrichtung pädagogisch gute Arbeit leistet. Qualitäts-Gütesiegel könnten hier helfen, sagt die Professorin, warnt aber davor, „jetzt an allen Stricken gleichzeitig zu drehen“. Wenn man nun versuche, „im Hauruckverfahren alles mit allem verbinden zu wollen, gelingt uns gar nichts“, sagt sie. Wenn ein bundesweites Gutscheinsystem eingeführt sei, lasse es sich wegen der Nachfrage sehr schnell mit entsprechender Qualitätssicherung verbinden.

Der Krippenausbau steht auch im Mittelpunkt der Konferenz der Jugend- und Familienminister in Potsdam am Donnerstag und Freitag. Der Konferenz-Vorsitzende, Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), sagte, er fürchte, dass die anvisierten zwölf Milliarden Euro dafür nicht ausreichten.

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