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Politik: Mit Macht ins neue Jahr

Sarkozy vermittelt im Nahen Osten – obwohl er den EU-Vorsitz an Tschechien abgegeben hat

Wenn es um das diplomatische Auftreten der EU im Nahen Osten geht, dann geben sich alle Beteiligten derzeit große Mühe, die Europäische Union wie eine harmonische Familie aussehen zu lassen. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy reist kommende Woche in die Krisenregion – und am liebsten würde er von der Reise wohl eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas mitbringen. Fast gleichzeitig macht sich eine EU-Delegation auf den Weg nach Kairo, Jerusalem, Ramallah und Amman. Sie wird von Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg geleitet. Sarkozys Reise in den Nahen Osten sei eng mit dem tschechischen Regierungschef Mirek Topolanek abgestimmt, flötet es aus dem Pariser Élysée-Palast. Dort hat man den EU-Vorsitz zu Beginn des Jahres an Tschechien abgegeben. Und auch in Prag zeigt man sich angesichts des ungebremsten europäischen Einsatzes von Sarkozy diplomatisch: Die EU müsse die Initiative im Nahen Osten übernehmen, sagte Topolanek. Er habe die beiden parallel stattfindenden Nahostreisen mit Sarkozy im Detail erörtert, erklärte Tschechiens Regierungschef weiter.

Tatsächlich gärt es wegen des Stabwechsels in der Europäischen Union schon seit einiger Zeit zwischen Paris und Prag. So hatte Sarkozy mit seinem Vorschlag, als Präsident der Eurozone seinen EU-Vorsitz gewissermaßen über die Jahreswende hinaus zu verlängern, der Prager Regierung vor den Kopf ge stoßen. Zum Ende seiner EU-Präsidentschaft hatte er auch noch indirekt kritisiert, dass Tschechiens euroskeptischer Präsident Vaclav Klaus die Europafahne vor seinem Amtssitz nicht hissen lässt.

Auf der Suche nach einer Lösung für die gegenwärtige Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas will sich Sarkozy nicht davon beirren lassen, dass Israel im alten Jahr den französischen Vorschlag für eine 48-stündige Waffenruhe ablehnte. „Ich werde nach Wegen zum Frieden suchen“, sagte er zur Begründung der Reise, die ihn nach Kairo, Ramallah, Jerusalem, Damaskus und Beirut führen wird.

Ursprünglich hatte Sarkozy nur die französischen UN-Soldaten im Libanon besuchen wollen. Angesichts der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen hat sich die Mission inzwischen zu einem diplomatischen Parforceritt ausgewachsen. Sarkozy will am Montag zunächst mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zusammentreffen, der bei der Vermittlung einer Waffenruhe eine Schlüsselrolle spielen könnte. Anschließend will Frankreichs Staatschef den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und dann Israels Premierminister Ehud Olmert aufsuchen. Am Dienstag ist schließlich ein Gespräch mit Syriens Staatschef Baschar Assad vorgesehen.

Vermutlich wird die Reise nicht die letzte Nahostmission im Namen der Europäischen Union für den Mann aus dem Élysée-Palast bleiben, der seinen EU-Vorsitz in der Silvesternacht eigentlich abgegeben hat. Als Instrument will Sarkozy dabei die von ihm aus der Taufe gehobene Mittelmeerunion nutzen. Die Präsidenten dieser Union sind gegenwärtig Mubarak – und Sarkozy selbst. Die Mittelmeerunion, ein loser Verbund der EU mit den Mittelmeerländern, hat zwar keine politische, sondern nur eine wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zum Ziel. Doch Sarkozy ist davon überzeugt, zusammen mit Mubarak Einfluss in der Region ausüben zu können. Mit der im vergangenen Jahr gegründeten Mittelmeerunion habe Sarkozy eine Dynamik ausgelöst, und es wäre „absurd“, wenn er die seitdem entstandenen Kontakte nicht nutzen würde, zitierte die Zeitung „Le Figaro“ einen Präsidentenberater.

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