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Der schwarze Block in Frankfurt am Main.

© dpa

Tarek Al-Wazir über Krawalle und Blockupy: "Mit politischem Protest hat das nichts zu tun"

Tarek Al-Wazir (Grüne) ist Wirtschaftsminister in Hessen und er war bei der EZB-Eröffnung. Als "beklemmend" beschreibt er die Situation. Im Interview spricht er über seine Wut.

Herr Al-Wazir, wie empfanden Sie den Tag gestern mit den schweren Krawallen bei der EZB-Eröffnung, an der Sie selbst gesprochen haben?

Es ging ja schon sehr früh um 6 Uhr morgens mit einem offenkundig bewusst inszenierten Gewaltausbruch los. Man sieht die Bilder und ist einfach fassungslos. Auch die Fahrt zur EZB war beklemmend: Ich hatte das Gefühl, man kommt in eine Festung. Die Polizei hatte alles großräumig und massiv abgesperrt. Wie notwendig das war, hat man dann ja gesehen.

Waren Sie überrascht von der Gewalt?

Es war klar, dass ein solches Ereignis auch Leute anzieht, die einfach nur Randale machen wollen. Aber das es zu einer solchen Orgie der Gewalt und Zerstörungswut kommen würde, war nicht abzusehen. Die Massivität der Gewalt hat mich auch überrascht.

Haben die Organisatoren Fehler gemacht?

Wenn man behauptet, die Gewalt sei Ausdruck der Wut auf die europäische Krisenpolitik und das müsse man verstehen, dann relativiert man die Gewalt. Das Märchen, die Polizei habe die Gewalt provoziert, macht mich wütend. Die Organisatoren der Blockupy-Bewegung sollten dringend nachdenken, mit welchen Leuten sie gemeinsame Sache machen. Von Gewalttätern, wie wir sie in Frankfurt gesehen haben, sollten sie sich klipp und klar distanzieren. Ihre ja zurecht erhobenen Fragen nach der Krisenpolitik geraten durch die Gewalt doch völlig in den Hintergrund. Das kann nicht ihr Ziel sein.

Aber auch viele Grüne gehören zu den Organisatoren?

Bei der Demo am Nachmittag haben auch Parteifreunde von mir teilgenommen, die verlief aber zum Glück größtenteils friedlich. Das Recht auf friedliche Demonstration ist ein Grundrecht, auf das wir stolz sein können und das wir immer verteidigen werden. Aber niemand hat das Recht, Autos anzuzünden und Menschen anzugreifen. davon muss man sich klipp und klar distanzieren. Mein Appell richtet sich an das Blockupy-Aktionsbündnis, das ja bewusst als Bündnis auftritt.

Gefährden die Bilder der Zerstörung auch den Ruf des Finanzplatzes Frankfurt?

Das glaube ich nicht. Aber für die Organisatoren ist das ein Problem. Denn es war die klare Absicht der Gewaltbereiten, frühmorgens Bilder der Gewalt zu produzieren, die dann den Tag in der Außenwahrnehmung prägen. Genau das hat ja auch geklappt. Von den Reden bei der Eröffnung oder dem friedlichen Protest war dann kaum mehr die Rede. Für den Finanzplatz Frankfurt ist das kein Problem, aber für die Ziele der Blockupy-Bewegung ist es das. Man fragt sich auch warum ausgerechnet die EZB so in den Fokus des Protestes gerückt ist, da sie mit den Anleihekäufen ja nun gerade keine harte Sparpolitik verfolgt.

Der grüne hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hat bei der von schweren Krawallen begleiteten Eröffnung des EZB-Neubaus in Frankfurt am Main eine Rede gehalten.

© dpa

Es geht also gar nicht um Griechenland?

Nein, es geht denen um Kritik am Finanzkapitalismus insgesamt. Die EZB ist aber ein Teil der Lösung der Krisen und nicht die Ursache.

Perspektivlosigkeit wird als Argument der Demonstranten häufig gebracht. Das gilt auch für Jugendliche in Spanien oder auch Frankreich. Erwarten Sie denn eine zunehmende Radikalisierung?

Die wird es hoffentlich nicht geben, sondern genau das Gegenteil. Denn die Bilder der Gewalt sollten bei den friedlichen Demonstranten Erschrecken und die Sorge auslösen, dass ihre Ziele nicht mehr wahrgenommen werden. Man muss auch dem Eindruck entgegentreten, dass hier ausschließlich gewaltbereite Menschen aus dem europäischen Ausland an den Randalen teilgenommen hätten. Viele von ihnen kamen aus Deutschland.

Rechnen Sie mit ähnlichen Gewaltausbrüchen beim G-7-Gipfel im Juni in Elmenau?

Was in Frankfurt passiert ist, sollte alle zum Nachdenken bringen. Denn natürlich gibt es dieses Gewaltpotenzial, wie man gesehen hat. Aber der friedliche Protest sollte im Vordergrund stehen. Überhaupt hat das, was wir in Frankfurt von Teilen der selbsternannten Aktivisten gesehen haben mit politischem Protest nichts zu tun, sondern mit der puren Lust an der Zerstörung.

Tarek Al-Wazir ist stellvertretender Ministerpräsident in Hessen und Wirtschaftsminister. Mit ihm sprach Christian Tretbar.

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