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Politik: „Mit Verspätung in die Gegenwart“

Union übernimmt in Familienpolitik teilweise SPD-Kurs / Ministerin nennt deren Finanzierung unsolide

Von Hans Monath

Berlin - Familienministerin Renate Schmidt (SPD) hat scharfe Kritik an neuen Vorschlägen der Union geübt. „Ein solches familienpolitisches Wahlprogramm wäre unsolide finanziert und würde sein Ziel komplett verfehlen“, sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel. Schmidt kritisierte den Vorschlag, das Kindergeld von 154 Euro für die ersten drei Kinder und 179 Euro für weitere Kinder auf einheitlich 200 Euro anzuheben und die Leistung durch Streichung des Kinder- und des Betreuungsfreibetrags zu finanzieren. „Das ist eine Milchmädchenrechnung“, sagte Schmidt: „Was die Union bislang zur Gegenfinanzierung anbietet, reicht bei weitem nicht.“ Die Kindergeld-Anhebung koste tatsächlich jährlich 9,7 Milliarden Euro, die Streichung der Freibeträge bringe aber nur 1,4 Milliarden Euro jährlich ein.

Die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), die als mögliche Familienministerin nach einem Wahlsieg Angela Merkels gehandelt wird, plädiert nicht nur für die Anhebung des Kindergeldes, sondern befürwortet auch die von Renate Schmidt propagierte Idee eines Elterngeldes. Eltern sollen nach Vorstellung von der Leyens nach der Geburt eines Kindes für ein Jahr eine Art Lohnfortzahlung in Höhe von 40 Prozent ihres Durchschnittseinkommens erhalten. Sie begrüße es, wenn die Union ihren Vorschlag aufnehme, sagte Schmidt: „Vierzig Prozent sind aber viel zu wenig, damit kann man den Lebensstandard der Familien nicht erhalten und Armutsrisiken bei Alleinerziehenden nicht verringern.“ Von der Leyen spielt eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung des familienpolitischen Teils des Unions-Programms.

Schmidt kündigte an, das SPD-Wahlmanifest werde sich für die Einführung eines Elterngeldes aussprechen. Die einkommensabhängige Lohnersatzleistung in Höhe des Arbeitslosengelds I soll unter anderem dazu beitragen, dass mehr Väter zur Erziehung von Kindern ihre Erwerbsarbeit unterbrechen. Die SPD-Politikerin räumte ein, die Union bemühe sich nun um ein moderneres Familienbild. „Ich freue mich, wenn die Union mit zehnjähriger Verspätung endlich in der Gegenwart ankommt“, sagte sie: „Mit den bislang vorliegenden Vorschlägen wird unser familienpolitischer Vorsprung allerdings bestimmt nicht gefährdet.“

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