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Politik: Mitten im Krieg

Im Libanon sitzen seit dem Beginn der israelischen Angriffe Tausende Ausländer fest

Israelische Kampflugzeuge kreisen am Himmel und durchbrechen krachend die Schallmauer, Kriegschiffe feuern immer wieder auf Ziele in Beirut. Über dem Hafen steht schwarzer Rauch, der sich über die ganz Stadt ausbreitet. Der schiitische Süden der libanesischen Hauptstadt, der stündlich bombardiert wird, hat keinen Strom, die Telefonleitungen sind zusammengebrochen. Die Straßen sind wie leergefegt, fast alle Geschäfte geschlossen, die Menschen sind geflüchtet oder verkriechen sich zu Hause, erzählen Bewohner am Mobiltelefon.

Dennoch strömen aus dem Südlibanon, der seit vier Tagen von Israels Luftwaffe beschossen wird, Tausende Flüchtlinge nach Beirut, um Unterschlupf bei Verwandten und Bekannten zu suchen. Aber nicht alle schaffen es. Am Samstag starben 20 Menschen aus einem Grenzdorf, als eine israelische Rakete ihren Minibus traf, unter ihnen vorwiegend Frauen und Kinder.

Juan und Maria, ein junges Touristenpärchen aus Spanien hatten Glück, sie wohntene bei Freunden im christlichen Osten Beiruts, wo die Infrastruktur, im Gegensatz zu moslemischen Vierteln, noch funktionierte. Sie gehörten zu den Tausenden Touristen, die nach Israels Angriff in der Stadt festsaßen. Erst nach mehreren Anläufen konnte das Paar das Land verlassen. Stundenlang saßen sie zusammen mit Landsleuten im nordlibanesischen Tripoli fest, bis die Behörden grünes Licht für die Weiterreise ins syrische Damaskus gaben. „Wir hatten wirklich Angst“, erzählen sie im Fernsehen, als sie sichtlich erleichtert die Grenze erreichen.

Vor der Küste blockiert Israels Kriegsmarine den Schiffsverkehr. Selbst Fähren aus Zypern, die Passagiere des dorthin umgeleiteten Flugverkehrs nach Beirut bringen könnten, müssen abdrehen. Ein US-Flugzeugträger kreuzt, seine Hubschrauberflotte soll im Notfall die etwa 2500 US-Bürger aus Beirut ausfliegen. Europäische Botschaften organisieren Buskonvois, um ihre Staatsangehörigen nach Damaskus zu bringen. Die größte logistische Aufgabe haben die Franzosen. Knapp 20 000 Landsleute warten auf die Evakuierung.

Auch Libanesen finden trotz zerstörter Straßen und Brücken noch Wege aus dem Land. „Auf kleinen Straßen geht es über die Grenze nach Syrien“, sagt John, ein Armenier, der in einer Bäckerei in Beirut arbeitet. Aber er will bleiben. Als Armenier hat er wenige Berührungspunkte mit der schiitischen Hisbollah, die die beiden israelischen Soldaten entführt hat und ihre Katjuscha-Raketen immer tiefer auf israelisches Territorium abschießt. Er seit jetzt, sagt der 27-Jährige, „auf ihrer Seite. Wir müssen zusammenhalten, damit sich eine israelische Okkupation nicht wiederholt“. 1982 war Israel in den Libanon eingedrungen und hielt den Süden 20 Jahre lang besetzt.

Alfred Hackensberger[Tanger]

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