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37 Seiten Anklage. Mladic weist alle Vorwürfe vor dem UN-Tribunal zurück. Foto: dpa

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Tribunal: Mladic: Ich habe keine Muslime und keine Kroaten umgebracht

Der frühere serbische General, dem Völkermord zur Last gelegt wird, ist erstmals vor seine Richter getreten. Er fühle sich unschuldig, sagt er.

Den Haag - Der mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic ist nach 16-jähriger Flucht und seiner Auslieferung von Belgrad an das UN-Tribunal in Den Haag erstmals vor seine Richter getreten. „Ich bin General Ratko Mladic“, stellte er sich dem Vorsitzenden Richter, dem Niederländer Alphons Orie, am Freitag vor. „Ich will nicht, dass man mir die Anklage vorliest“, sagte der frühere Militärchef der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992–1995). Dennoch bestand Orie darauf, wenigstens eine Zusammenfassung der elf Anklagepunkte vorzulesen. Dem Angeklagten werden „Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen die Gesetze und Regeln der Kriegsführung“ vorgeworfen.

Der Richter beschrieb Fälle von „Mord und Deportation“, berichtete über Massengräber, aus denen die Leichen zur Vertuschung wieder herausgeholt und zerstückelt in neuen „Sekundärgräbern“ verscharrt wurden. Er sprach von Zwangslagern und massenhafter sexueller Gewalt. „Ich muss das gut durchlesen“, sagte Mladic. Es seien „monströse Worte“ gefallen, „von denen ich noch nie gehört habe“. „Ich habe mein Volk und mein Land verteidigt“, beschrieb er seine Haltung. „Ich habe keine Muslime und keine Kroaten umgebracht.“

Mladic wird vor allem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht. Dabei wurden rund um den 15. Juli 1995 bis zu 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet. Auch in Sarajevo herrschte Terror: Beim dreijährigen Beschuss der bosnischen Hauptstadt mit schweren Waffen von den umliegenden Bergen kamen ebenfalls tausende ums Leben. Mladic zeigte sich überzeugt, seine Unschuld beweisen zu können: „Ich will noch meine Freiheit erleben“, sagte er, die Verhandlung wurde auf den 4. Juli vertagt.

„Ich bin ein schwer kranker Mann“, berichtete der Exgeneral zu Beginn des Prozesses mit schwerer Stimme. Er trug nicht wie angekündigt eine Militäruniform, sondern einen Anzug. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit berichtete Mladic dem dreiköpfigen Richtergremium, dem auch der Deutsche Christoph Flügge und der Südafrikaner Bakone Moloto angehören, über seinen Gesundheitszustand. Sein Belgrader Anwalt hatte behauptet, Mladic leide an Lymphdrüsenkrebs und könne die Verhandlung nicht überleben, das Tribunal bestritt diese Angaben.

„Im Augenblick gibt es keine Hinweise, dass der Gesundheitszustand Mladic hindern wird, am Gerichtsverfahren teilzunehmen“, sagte der Sekretär des Tribunals, John Hocking der Belgrader Zeitung „Blic“. Auch Mladic-Sohn Darko betonte in Belgrad, sein Vater fühle sich gut. Das habe er selbst aus dem Gefängnis des Tribunals seiner Familie berichtet. Er sei zuversichtlich, seine Unschuld beweisen zu können.

Mladic, der nach eigenen Angaben 68 Jahre alt ist, verlangte vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien mehr als die vorgesehenen 30 Tage, um seine Verteidigung vorzubereiten. „Ich habe noch nichts gelesen“, begründete er seine diesbezügliche Forderung.

Die 37-seitige Anklageschrift war ihm am Dienstag bei seinem Eintreffen im Tribunal in Den Haag ausgehändigt worden. Der Vorsitzende Richter Alphons Orie ordnete weitere Überprüfungen des Geburtsdatums von Mladic an, der nach mehrmaliger Nachfrage bei 1943 als Geburtsjahr blieb. Demgegenüber steht in den Gerichtsakten als Geburtsdatum 12. März 1942. AFP

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