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Ein rechtsextremes Netzwerk, das in deutschen Gefängnissen organisiert war, soll Kontakt zum NSU gehabt haben.

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Möglicher Kontakt zur NSU: Bekannter Neonazi im Zentrum des rechtsextremen Gefängnis-Netzwerkes

Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben Neonazis versucht, Netzwerke in deutschen Gefängnissen zu bilden. Dabei sollen sie auch Kontakt zur mutmaßlichen NSU-Terroristin Zschäpe und ihrem Umfeld gesucht haben. Der als gewalttätig geltende Bernd T. könnte eine Schlüsselrolle spielen.

Von Frank Jansen

Das aufgeflogene rechtsextreme Netzwerk in deutschen Gefängnissen hat offenbar versucht, Kontakt zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) und seinem Umfeld aufzunehmen. Entsprechende Berichte der „Bild“-Zeitung und der „Süddeutschen Zeitung“ bestätigte der Sprecher des hessischen Justizministeriums, Hans Liedel, am Mittwoch. „Es gab wohl diesen Versuch“, sagte er.

Nach Tagesspiegel-Informationen steht der polizeibekannte und gewaltbereite Neonazi Bernd T. im Mittelpunkt des Netzwerkes, das sich selbst "Jail-Crew" (Gefängnis-Crew) nennt. Dabei soll es sich nicht um eine direkte Nachfolgeorganisation der seit 2011 verbotenen "Hilfsorganisation nationale politische Gefangene und deren Angehörige" handeln.

Der zuletzt in Kassel wohnhafte Bernd T. hatte bei einer Polizei-Durchsuchung seiner Wohnung Kampfhunde auf die Beamten gehetzt, woraufhin diese die Tiere erschossen. Er steht zudem auf der 129 Namen umfassenden NSU-Unterstützerliste. Die „Bild“-Zeitung berichtet unter Berufung auf Ermittlerkreise, Mitglieder der von den hessischen Justizbehörden entdeckten des jetzt entdeckten Gefängins-Netzwerkes hätten offenbar schriftlichen Kontakt mit NSU-Kreisen gepflegt. Das habe eine Auswertung des Beweismaterials ergeben, das bei Zellendurchsuchungen in hessischen Strafanstalten in den vergangen Wochen sichergestellt wurde. Wie nun bekannt wurde, suchten die Neonazis offenbar auch den Kontakt zur mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe. Ihr Name und die Anschrift in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf standen auf einer Liste, die in der Zelle eines Neonazis im Gefängnis Hünfeld in Hessen gefunden wurde.

Das berichtete der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) am Mittwoch in Wiesbaden. Es gab zunächst keine Angaben, ob tatsächlich Post an Zschäpe ging. Bereits am Dienstag hatte Hahn bestätigt, dass in den vergangenen Wochen Zellen durchsucht und Postsendungen überprüft worden seien. Es habe eine verschlüsselte Kommunikation in der Post von Gefangenen gegeben, um Kontakt von hessischen Justizvollzugsanstalten in Gefängnisse anderer Bundesländer aufzunehmen. Dabei gehe es um Personen, die dem rechtsradikalen Spektrum zugeordnet werden können.

Die „Süddeutsche“ berichtete, dass in Hessen die Kontrollen bei Gefangenen verschärft wurden. Vollzugsbeamte sollten fortgebildet werden, um rechtsextremistische Umtriebe schneller unterbinden zu können. Rechtsextremisten träten im Vollzug zunächst meist angepasst auf, ihre konspirative Arbeit sei daher nicht leicht zu erkennen.

Zu den Männern, die derzeit im Verdacht stehen, aus dem Gefängnis heraus ein Netzwerk etabliert zu haben, zählt nach Angaben der Zeitung auch ein 38-Jähriger aus Hessen, der schon bei den NSU-Ermittlungen eine Rolle gespielt haben soll. Er habe im Dezember 2011 - kurz nach dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle - angeboten, „Informationen über diverse Netzwerke“ zu beschaffen. Er will 2006 auch die beiden NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Kassel getroffen haben. Dem NSU wird zur Last gelegt, im selben Jahr einen türkischstämmigen Mann in Kassel ermordet zu haben. Später seien aber Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Mannes aufgekommen. (mit dpa)

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