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Politik: Möglichst unauffällig

Nach der Entführung von UN-Wahlhelfern werden in Afghanistan die Sicherheitsvorkehrungen erhöht

In Kabul geht die Angst um. Der arabische Sender Al Dschasira strahlte am Sonntag ein Video aus, in dem drei in Afghanistan entführte Wahlhelfer der UN zu sehen sind. Der Mann und die beiden Frauen knieen auf dem Boden vor maskierten Extremisten. Diese drohen mit der Ermordung ihrer Geiseln, sollten nicht eine Reihe von Forderungen erfüllt werden. Die Entführer haben das Vorgehen extremistischer Gruppen im Irak bis ins Detail kopiert. Wird der tägliche Terror gegen Ausländer nun also nach Afghanistan getragen?

„Es ist durchaus möglich, dass negative Vorbilder aus dem Irak dazu geführt haben, dass nun auch hier Ausländer entführt werden“, sagte Almut Wieland-Karimi, die Kabuler Vertreterin der Friedrich-Ebert-Stiftung dem Tagesspiegel. Dafür spreche, dass die Gruppe mit dem Namen „Armee der Muslime“, die sich zu der Entführung bekannt hat, bisher nicht in Erscheinung getreten sei. Sie könnte durch die Bilder aus dem Irak erst auf die Idee gekommen sein, gegen Ausländer vorzugehen. „Vielleicht stecken hinter der Entführung aber auch ganz andere Kräfte: Leute, die mit dem Verlauf der Wahl nicht einverstanden sind“, fügte Wieland-Karimi hinzu. Ein offizielles Ergebnis der afghanischen Präsidentschaftswahl vom 9. Oktober liegt zwar noch nicht vor, am Sieg von Amtsinhaber Hamid Karsai gibt es indes keinen Zweifel mehr.

Ausländische Organisationen haben ihre Sicherheitsvorkehrungen in den vergangenen Tagen erhöht. Die Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Kabul etwa bewegen sich nur noch zwischen ihren Wohnungen und dem GTZ-Büro. Alle anderen Fahrten sind bis auf weiteres untersagt. „Es gab seit langem Warnungen vor Entführungen“, sagte Verwaltungsleiterin Ingrid Bindi dem Tagesspiegel. Da die Wahl unerwartet friedlich verlaufen sei, hätten sich aber möglicherweise viele Ausländer in den vergangenen Wochen zu sicher gefühlt. „Wenn man permanent mit der Gefahr lebt, lässt die Wachsamkeit irgendwann nach.“

Insgesamt halten sich rund 2000 ausländische Zivilisten in Afghanistan auf, 400 davon Deutsche. Hinzu kommen 2000 Bundeswehrsoldaten. Beim Auswärtigen Amt hieß es am Sonntag, die Sicherheitslage in Afghanistan werde mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. „Wir stehen in ständigem Kontakt zur Botschaft und zu den Deutschen vor Ort“, sagte ein Sprecherin, die ausdrücklich auf die Reisewarnung des Ministeriums hinwies.

Auch andere Organisationen in Afghanistan haben reagiert: Vor vielen Büros und Gästehäusern für Ausländer wurden bewaffnete Wächter postiert, weiße Geländewagen mit Firmenlogos gegen unauffällige Fahrzeuge ausgetauscht und auch Ausgangssperren wurden verhängt. Vor allem UN-Mitarbeiter dürfen nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Die Arbeit der Vereinten Nationen soll aber uneingeschränkt weitergehen. „Wir haben immer gesagt, dass rund um die Wahl die Gefahr von Anschlägen in Afghanistan steigt“, sagte der Sprecher der UN in Kabul, Manoel de Almeida e Silva, am Sonntag dem Tagesspiegel. Von Verhältnissen wie im Irak sei man in Afghanistan aber noch immer weit entfernt.

Die drei Geiseln – eine Frau mit britischer und irischer Staatsbürgerschaft, eine Frau aus dem Kosovo und ein philippinischer Diplomat - waren am Donnerstag verschleppt worden. Ihre Entführer fordern unter anderem die Freilassung aller Taliban und Al-Qaida-Kämpfer aus US-Gefangenschaft sowie den Abzug ausländischer Truppen und der UN.

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