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Politik: Monarchie in Himmelblau

Von Matthias Thibaut, London Die Drehbuchschreiber von „Coronation Street“ hätten es nicht besser machen können. Wenn sich am Samstagabend beim Promenadenkonzert die Teleobjektive der Kameras auf die königliche Loge richten, beginnt, begleitet von den süßen Cellotönen von Mstislaw Rostropowitsch, das vorläufige Schlusskapitel dieser Familienserie.

Von Matthias Thibaut, London

Die Drehbuchschreiber von „Coronation Street“ hätten es nicht besser machen können. Wenn sich am Samstagabend beim Promenadenkonzert die Teleobjektive der Kameras auf die königliche Loge richten, beginnt, begleitet von den süßen Cellotönen von Mstislaw Rostropowitsch, das vorläufige Schlusskapitel dieser Familienserie. „Happy End“ flimmert in unsichtbaren Lettern über der Loge, in der nicht nur die Queen sitzt, deren 50. Thronjubiläum Großbritannien ab heute vier Tage lang feiert. Neben Elisabeth II. darf sogar die böse Schwiegertochter in spe, Camilla, ihren Platz finden. Nach 50 spannenden Jahren, vollgepackt mit dramatischen Todesfällen, strauchelnden Verwandten und mancher Liebes- und Scheidungstragödie kommt der dramatische Bogen der Familienserie „The Windsors“ im großen Schlussbild zur Ruhe. Und das Schönste ist: Schon wissen wir, dass die Serie weitergehen wird – mit vielen spannenden Folgen.

Wer hätte es für möglich gehalten! Begeistert rüsten sich die Briten zum langen Jubelwochenende. Zehn Jahre nach dem „annus horribilis“ der britischen Monarchie mit der Scheidung von Prinzessin Diana und dem Schlossbrand von Windsor, fünf Jahre, nachdem die Volkstrauer um Diana die Sympathiewerte für die Königin auf einen Tiefpunkt fallen ließ und die Kommentatoren den Untergang des Hauses Windsor für eine ausgemachte Sache hielten. Zwei Monate, nachdem Missgünstige gähnende Langeweile und Desinteresse an den Feiern voraussagten.

Wenn sich heute der Himmel blau über London spannt, wenn weiß behandschuhte Lakaienhände die goldene Staatskarosse für den großen Umzug am Dienstag polieren, wenn der Queen Gitarrist Brian May noch einmal „God Save the Queen" übt, damit er es am Montag vom Dach des Buckingham Palastes auch richtig spielen kann, steht der Thron der Windsors unerschüttert wie nie. Wie immer war es Tony Blair, der die Sache in der großen BBC-Serie zum Jubiläum auf den Nenner brachte: „Die Monarchie“, sprach der Premier, „ist rational gesehen eben doch das beste System".

Wer wollte da widersprechen? Mit unverhohlenem Neid sehen wir auf die Briten. Zwei Tage Extraferien, Partys im ganzen Land – sogar Großbritanniens Nudisten machen mit. „Werden die Teenager merken“, fragte Party-Organisator Lord Sterling, „dass mehr dahinter steckt als Feuerwerk und goldene Kutsche, nämlich ein Gefühl von Stolz und Zugehörigkeit?“ Wer weiß. Sicher ist nur, dass Großbritanniens kleine republikanische Fraktion selten so kleinlaut klang wie heute.

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