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Umstrittenes Gesetz: Moskau will NGOs weiter beschränken

Nicht-Regierungs-Organisationen die sich ganz oder teilweise aus dem Ausland finanzieren, werden künftig als „ausländische Agenten“ geführt.

Russland verschärft seine NGO-Gesetze weiter. Nicht-Regierungs-Organisationen die sich ganz oder teilweise aus dem Ausland finanzieren, werden künftig als „ausländische Agenten“ – der Begriff meint in diesem Kontext „Repräsentanten“ – geführt, für die ein spezielles Register angelegt wird. Auch müssen sie künftig häufiger als rein russische NGOs ihre Bilanzen von Wirtschaftsprüfern kontrollieren lassen und darüber hinaus detailliert Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen. Zuwiderhandlungen werden mit bis zu drei Jahren Haft geahndet.

So jedenfalls sehen es Änderungen zum Gesetz über die Tätigkeit von nichtstaatlichen Organisationen vor. Auf Empfehlung der Kremladministration will die Duma sie noch vor Beginn der Sommerpause Mitte Juli verabschieden. Der Grund der Eile: Im Herbst drohen landesweit neue Massenproteste, weil dann eine ganze Reihe sozialer Grausamkeiten greift, die Kreml und Regierung mit Rücksicht auf die Parlaments- und Präsidentenwahlen im Winter verschoben hatten.

Eingebracht hatte den Entwurf Ende vergangener Woche Alexander Sidjakin. „Offensichtlich gibt es Lücken in unserer Gesetzgebung“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Der Mann, der mit Mandat der Regierungspartei „Einiges Russland“ in der Duma sitzt, hat sich bereits als Autor eines im Juni verabschiedeten Gesetzes, das die Strafen für Ordnungswidrigkeiten bei Kundgebungen und Aufmärschen drastisch verschärft, hervorgetan. Zwar wollen die drei Oppositionsparteien dagegen stimmen. Doch die Einheitsrussen verfügen im Parlament über eine stabile absolute Mehrheit.

Auf den Index kommen demzufolge etwa tausend Organisationen der Zivilgesellschaft. Vor allem „politische“, wie es im Entwurf ausdrücklich heißt. Gemeint sind damit solche, die sich für Demokratie und Menschenrechte engagieren. Das Gesetz, so heißt es in der offiziellen Begründung, werde mehr Transparenz in der Zivilgesellschaft herstellen und die Korruption vermindern. Die Betroffenen – darunter Golos (Stimme), eine Organisation, die sich für faire und freie Wahlen engagiert, und die russische Sektion von Transparancy International, die weltweit Korruption angeht – sehen sich verhöhnt. Aus ihrer Sicht täte der Gesetzgeber besser daran, mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen zu ermöglichen und energetischer gegen korrupte Beamte vorzugehen.

Schon 2006 hatte Präsident Wladimir Putin drastische Verschärfungen des Gesetzes für nichtstaatliche Organisationen durchgesetzt, die beim Schnorren von Almosen „wie Schakale um ausländische Botschaften streunen“, und sich damit nicht nur bei Bürgerrechtlern, sondern auch bei westlichen Regierungschefs massive Kritik eingefangen. Die neuerlichen Verschärfungen sind aus Sicht prominenter russischer Menschenrechtler Teil jener „asymmetrischen Antwort“, die Moskau den USA androhte, sollte der dortige Kongress Einreiseverbot und Sperrung von Konten für russische Spitzenbeamte und Politiker beschließen, die „Kämpfer für Meinungs-, Versammlung- und Glaubensfreiheit“ in Russland verfolgen.

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