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Politik: Münchener Einigkeit

Müntefering und Stoiber verständigen sich auf die Grundlinien der Föderalismusreform

Berlin - Am Sonntag legten sie bei einem Treffen in München letzte Hand an, an diesem Montag werden Franz Müntefering und Edmund Stoiber ihre Vorschläge zur Föderalismusreform den Beteiligten in Bund und Ländern vorlegen. „Ich bin optimistisch, dass eine Reform gelingt“, sagte der SPD-Obmann in der Kommission, Volker Kröning. Am Dienstag werden die Bundestagsfraktionen darüber beraten, am Mittwoch wohl auch das Bundeskabinett. Die Ministerpräsidenten treffen sich ebenfalls und kommen am Donnerstag auch mit dem Kanzler zusammen. Am Freitag soll die Föderalismuskommission – je 16 Vertreter von Bundestag und Bundesrat – unter Vorsitz von Stoiber und Müntefering in Berlin die Pläne zur Verfassungsreform verabschieden. Es wird eine längere Runde werden. Für alle Fälle ist der Samstag reserviert. Im neuen Jahr wird dann das Gesetzgebungsverfahren beginnen, bis zum späten Frühjahr soll die Reform abgeschlossen sein.

Im Kern geht es um die Neujustierung des Verhältnisses von Bund und Ländern – von den Zustimmungsrechten des Bundesrats, die jetzt eingeschränkt werden, über eine Neuaufteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten bis hin zu einer zumindest teilweisen Neuordnung der Finanzbeziehungen. Bis in den Sonntag hinein liefen die Beratungen. Konsens gab es in der Hochschulpolitik und beim Umweltrecht. Beim Bildungsthema gab der Bund nach und gestand den Ländern eine weit gehende Eigenständigkeit zu, wobei das gemeinsame Ziel eine größere Autonomie der Hochschulen sein soll. Bei der Reform der Umweltgesetzgebung wehrten sich vor allem die Grünen bis zuletzt gegen aus ihrer Sicht zu große Abweichungsmöglichkeiten der Länder bei Bundesgesetzen. Diese wird es dennoch in eingeschränkter Form geben, etwa beim Naturschutz oder beim Wasserrecht.

Umstritten waren auch die Finanzthemen. Doch zeichnete sich eine Einigung bei Kernproblemen ab. So werden sich Bund und Länder künftig Strafzahlungen bei einer Verletzung des Euro-Stabilitätspakts teilen. Zwei Drittel soll der Bund, ein Drittel sollen die Länder zahlen. Der Länderanteil soll wiederum zu zwei Dritteln nach jeweiliger Schuldenlage und zu einem Drittel nach Einwohnerzahl umgelegt werden. Auch bei der europarechtlichen Haftung bahnte sich ein Konsens an. Bund und Länder werden entsprechend der innerstaatlichen Zuständigkeit bei Verletzungen von EU-Recht – etwa bei zu später Umsetzung – die Strafen leisten. Die EU nimmt bei Vergehen immer Deutschland als Ganzes in Haftung, selbst wenn nur ein Bundesland Übeltäter ist. Auch bei der Modernisierung der Steuerverwaltung, dem Steuertausch Kfz- gegen Versicherungssteuer, einem neuen Zustimungsrecht des Bundesrats bei Gesetzen mit erheblichen Kostenfolgen und der Autonomie der Länder bei der Grunderwerbsteuer gab es eine Einigung.

Beim Abbau der umstrittenen Mischfinanzierungen von Bund und Ländern sieht das Ergebnis differenziert aus. Nur die Gemeinschaftsaufgabe (GA) Hochschulbau wird abgeschafft, Zuständigkeit und Bundesmittel werden an die Länder übertragen. Auch die gemeinsame Bildungsplanung dürfte in der bisherigen Form beendet werden. Die GA Forschungsförderung dagegen bleibt, weil sie vor allem auf national bedeutsame Großgeräte oder entsprechende Einrichtungen zielt. Küstenschutz und Hochwasserschutz bleiben in gemeinsamer Verantwortung von Bund und Ländern.

Dagegen war bis zuletzt unklar, ob es zu einer Neuordnung der Wirtschaftsförderung kommen würde. Diese war eigentlich von den Hauptverhandlern, den SPD-Bundestagsabgeordneten Volker Kröning und Ortwin Runde und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) schon fest vereinbart. Die GA sollte als Finanzhilfe des Bundes weitergeführt werden, mit klareren Regeln und Fristen und einer verbesserten Kontrolle der Mittelverwendung. Doch nicht zuletzt die neuen Länder meldeten Bedenken an. Bisher war die GA Wirtschaftsförderung vor allem eine Ostförderung. Das neue Instrument hat laut Kröning den Zweck, „Einstieg in eine gesamtdeutsche Strukturförderung“ zu sein. Damit sei eine bessere Zielführung der Mittel möglich. Befürchtungen von ostdeutschen Politikern, das zugesagte Fördervolumen könnte kleiner werden, wies er zurück. Dass die angestrebte Trennung bei den Mischfinanzierungen nur teils gelang, hängt auch damit zusammen, dass der bis 2019 geltende Finanzausgleich samt Solidarpakt II für die Ost-Länder nicht angetastet werden sollte. Die komplette Neuregelung der Finanzbeziehungen wird daher „eine Aufgabe für das nächste Jahrzehnt“, wie Kröning sagte.

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