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Politik: Müssen Schmidt, Wieczorek-Zeul und Thierse als Parteivize neuen Gesichtern in der Führung weichen?

Oskar Lafontaine schreibt ein Buch, und er muss es schnell schreiben. Zur Buchmesse im Oktober soll es erscheinen.

Oskar Lafontaine schreibt ein Buch, und er muss es schnell schreiben. Zur Buchmesse im Oktober soll es erscheinen. Damit es bis zum SPD-Parteitag im Dezember gelesen und debattiert ist. Ganz kampflos will sich die SPD-Linke dem Bundeskanzler und den Seinen nicht geschlagen geben. Zumindest schwer sollen die es haben, vor allem, wenn die Ergebnisse bei den Landtagswahlen im September und Oktober nicht so gut ausfallen für die SPD. Schröder hat schon einmal dagegen gehalten: "Es war noch nie gut, wenn jemand gegangen ist und denen, die schwere Arbeit machen, Steine ins Kreuz wirft", sagte er dem "Spiegel".

Die Schwerarbeiter wollen - mit Blick auf die Wahlen im Jahr 2002 - im Dezember der inhaltlichen Erneuerung, die sich nicht zuletzt mit dem viel beschworenen Schröder/Blair-Papier vom Juni verbindet, die personelle Erneuerung und Verjüngung der Partei folgen lassen. So wie sie in der Bundestagsfraktion und der Regierung, auch in Landesverbänden, schon angegangen wurde. Beispiele: Die Berufung des 33-jährigen "Youngsters" Hans-Martin Bury zum Minister im Kanzleramt und die Wahl der 34-jährigen Bundestagsabgeordneten Ute Vogt zur Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg vor drei Wochen.

Nicht zuletzt der Wahl der fünf Stellvertreter Schröders als Parteivorsitzender könnte Signalfunktion zukommen. Denn nur ein altes Gesicht an der Spitze gilt als unumstritten: Verteidigungsminister Rudolf Scharping ist als Parteivize wohl "gesetzt". Gleiches gilt für einen der Kandidaten: Bundesverkehrsminister Müntefering, das ist seit längerem bekannt, soll auf den frei gewordenen Vizeposten von Johannes Rau rücken und sich vor allem um die Parteiarbeit kümmern. Möglich ist dann, dass er mittelfristig sein Ministeramt aufgibt und auch hier einem oder einer Jüngeren die Chance eingeräumt wird, sich zu profilieren.

An den anderen Stellvertretern haben gerade die Youngster dieser Tage Kritik geübt. Dass die bayerische SPD-Chefin Renate Schmidt ihren Stellvertreterposten frei machen wird, gilt als wahrscheinlich, seit sie angekündigt hat, ihre Parteiämter in Bayern in zwei Jahren abzugeben. Sie hat sich in zwei erfolglosen Landtagswahlkämpfen gegen die CSU verausgabt und wird nicht noch einmal antreten. Aus der Bundespolitik hat sie sich verabschiedet. Umstritten ist auch die "rote Heidi", Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul. Im eigenen Landesverband in Hessen hat sie zuletzt Niederlagen der Parteilinken erleben müssen. Den Vorsitz im Bezirk Hessen-Süd hat sie abgegeben.

Auch Wolfgang Thierse könnte nicht mehr zur Wahl stehen. Der Bundestagspräsident ist seit 1990 auf Bundesebene der "Vorzeige-Ossi" der SPD und gilt mittlerweile als etwas verbraucht. Neue Gesichter sollen her, auch um die Chancen der SPD im Osten zu wahren oder zu mehren. Ins Gespräch gebracht werden der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (44), ein pragmatischer, unkonventioneller Sozialdemokrat, der im Vorjahr seinem Mentor Hinrich Lehmann-Grube als Stadtoberhaupt folgte und dem zugetraut wird, in Sachsen auch noch höhere Ämter zu füllen, wenn Kurt Biedenkopfs CDU nach dem Abtreten des "kleinen Königs" nicht mehr so glänzend dastehen sollte - wenn Tiefensee das denn will. Auch Matthias Platzeck (46) wird genannt, der neue Potsdamer OB, ein möglicher Nachfolger von Ministerpräsident Manfred Stolpe. Allerdings bedarf die Brandenburger SPD weniger der Schützenhilfe aus dem Bund als die notorisch schwächelnde Sachsen-SPD.

Aus dem Schröder-Lager wollen einige im Dezember für den Vorstand (und möglicherweise auch für Vize-Posten) kandidieren. Die Südwest-SPD will den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Siegmar Mosdorf (47), ins Rennen schicken. Aus Schröders Landesverband Niedersachsen werden die Namen des Landtagsfraktionschefs Siegmar Gabriel (39) und von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (48) genannt.

Im Richtungsstreit formiert sich das Schröder-Lager. Auf der anderen Seite herrscht Unklarheit. Der saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt ist neben den beiden ostdeutschen Regierungschefs Reinhard Höppner und Harald Ringstorff der einzig profilierte Partei-Linke in einem Amt - noch jedenfalls. Sollte er die Landtagswahl am 5. September verlieren, dürften alle Chancen auf einen hohen Parteiposten beendet sein.

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