zum Hauptinhalt
Prorussische Separatisten übergeben die Black Box von Flug MH17 an Experten aus Malaysia. Jetzt soll sie in London untersucht werden.

© reuters

Update

Nach Abschuss von Flug MH17: Black Box wird nach London gebracht

Der Flugdatenschreiber und der Stimmenrekorder von Flug MH17 sollen von Experten in London ausgewertet werden. Am Mittwoch wird ein Flugzeug mit sterblichen Überresten der Opfer in den Niederlanden erwartet. Die Geschehnisse des Tages im Liveticker.

+++ Obama gedenkt niederländischer Opfer +++

US-Präsident Barack Obama hat bei einem Besuch in der niederländischen Botschaft in Washington der Opfer des mutmaßlichen Abschusses des Passagierfluges MH17 in der Ostukraine gedacht. "Wir sind natürlich alle untröstlich", sagte Obama, nachdem er sich am Dienstag in das Kondolenzbuch der Botschaft eingetragen hatte. Der Präsident drückte den Niederlanden im Namen der Vereinigten Staaten das "tiefste Beileid" aus und versprach die Unterstützung der USA bei der Untersuchung der Katastrophe.

+++ Flugzeug mit MH17-Toten in den Niederlanden erwartet +++

Ein Flugzeug mit den ersten sterblichen Überresten von Insassen der über der Ostukraine mutmaßlich abgeschossenen malaysischen Passagiermaschine wird am Mittwoch in den Niederlanden erwartet. Die Maschine soll in Eindhoven im Süden des Landes landen, von dort werden die Leichen zu einem Militärstützpunkt nach Hilversum südöstlich von Amsterdam gebracht. Die Identifizierung der Toten kann bis zu mehrere Monate dauern. Den Niederlanden fiel die Aufgabe zu, weil die Mehrzahl der Opfer aus dem Land kommt: 193 der 298 Insassen von Flug MH17 waren Niederländer.

+++ Black Box von MH17-Boeing wird nach London gebracht +++

Die Black Box des mutmaßlich über der Ostukraine abgeschossenen Passagierflugzeugs wird zur Auswertung der Daten nach Großbritannien gebracht. Ein belgischer Militärjet startete nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Brüssel nach Kiew, um die Aufzeichnungsgeräte aus der Ukraine abzuholen. Die prorussischen Separatisten hatten die Black Box in der Nacht im ostukrainischen Donezk Vertretern Malaysias übergeben. Die sogenannte Black Box besteht aus dem Flugdatenschreiber und dem Stimmenrekorder. Die Geräte sind nach der ersten Einschätzung eines malaysischen Experten intakt und nur geringfügig beschädigt.

Die am vergangenen Donnerstag abgestürzte Boeing 777 gehörte der Fluggesellschaft Malaysia Airlines, hatte aber mehrheitlich niederländische Passagiere an Bord. Die Leitung der Untersuchung zu dem Absturz liegt auf Wunsch der ukrainischen Regierung bei den Niederlanden. Bei dem Absturz kamen alle 298 Insassen ums Leben. Mit Hilfe der Aufzeichnungsgeräte soll aufgeklärt werden, ob das Flugzeug abgeschossen wurde. Selbst wenn dieser Nachweis gelingt, dürfte es schwerfallen, mit Hilfe der Daten festzustellen, wer für den Abschuss verantwortlich war.

+++ EU bereitet neue Sanktionen gegen Russland vor +++

Als Reaktion auf den möglichen Abschuss des Passagierfluges MH17 in der Ostukraine will die EU Sanktionen gegen Russland beim Handel mit Militärgütern vorbereiten. "Die EU-Kommission wird beauftragt, zielgerichtete Maßnahmen vorzubereiten in den Bereichen Schlüsseltechnologien und Militär", sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz am Dienstag in Brüssel. Die EU forderte zudem eine schnelle Aufklärung des Absturzes mit 298 Opfern.

Ukrainische Truppen im Osten des Landes
Ukrainische Truppen im Osten des Landes

© Reuters

Kurz sagte am Rande von Beratungen der EU-Außenminister, die möglichen Maßnahmen gegen Russland sollten "in den kommenden Tagen" vorliegen. EU-Kreise bestätigten die Pläne für Sanktionen im Rüstungsbereich. Zudem hieß es, in der EU werde auch darüber nachgedacht, Russlands Zugang zu den europäischen Finanzmärkten sowie zu Gütern einzuschränken, die militärisch und zivil genutzt werden können. Zuvor war bei dem Treffen der EU-Außenminister der Ruf nach einem Waffenembargo gegen Russland lauter geworden. "Es geht darum, dass die Europäische Union sich als Gesamtes dazu bekennen sollte, keine Waffen mehr an Russland zu liefern in einer Phase, in der wir erleben, dass diese Waffen immer wieder weitergegeben werden an die Separatisten", sagte Kurz zu Beginn.

+++Putin warnt den Westen+++

Russlands Präsident Wladimir Putin warnt das Ausland davor, sich in innerrussische Angelegenheiten einzumischen. Der Westen müsse seinen Einfluss auf die Ukraine geltend machen, damit die Kämpfe in der Ostukraine aufhörten.

+++Niederlande leiten Untersuchung zu Absturzursache+++

Die Niederlande haben die Leitung der internationalen Untersuchung zur Absturzursache von Flug MH17 in der Ostukraine übernommen. Dies sei auf Ersuchen der ukrainischen Regierung geschehen, teilte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte am Dienstag in Den Haag mit. Niederländische Experten sollten nun so schnell wie möglich die Absturzstelle untersuchen.
Ziel sei die „restlose Aufklärung“, sagte Rutte. Priorität habe zunächst, die noch nicht gefundenen Leichen und das persönliche Eigentum der Opfer zu bergen. Wie viele der 298 Opfer bisher nach Charkow gebracht wurden, sei unklar. Nach unbestätigten Berichten waren die Überreste von 282 Opfern in dem Zug, der am Dienstag aus dem Katastrophengebiet in Charkow eingetroffen war. Die ersten Opfer sollen bereits an diesem Mittwoch in die Niederlande ausgeflogen werden. Rutte teilte auch mit, dass die Flugschreiber, die Blackboxes, nun auch in Charkow seien. Sie befanden sich in dem Zug mit den Leichen, der am Dienstag aus dem Katastrophengebiet in Charkow eingetroffen war. 

+++Ukraine beschließt Teilmobilmachung+++

Russland hat nach Angaben der Regierung in Kiew fast 41.000 Soldaten entlang der russisch-ukrainischen Grenze zusammengezogen. Nahe der ukrainischen Grenzstadt Donezk seien im Laufe der vergangenen Woche zudem 550 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 500 Artilleriegeschütze in Stellung gebracht worden, sagte der Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Andrej Parubi, am Dienstag vor dem ukrainischen Parlament. Das Parlament genehmigte anschließend eine weitere Teilmobilmachung der Streitkräfte - die mittlerweile dritte seit März. Die Teilmobilmachung bedeutet die Masseneinberufung von Männern im wehrdienstfähigen Alter sowie von Reservisten.

Donezk ist eine Hochburg der prorussischen Separatisten, die sich im Osten der Ukraine seit Wochen Gefechte mit den Regierungstruppen liefern. In der Großstadt gab es auch am Montag wieder heftige Kämpfe. Beim Artilleriebeschuss des Viertels um den Bahnhof von Donezk wurden mehrere Menschen getötet. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ordnete daraufhin eine Waffenruhe für einen 40-Kilometer-Umkreis um den Absturzort von Malaysia-Airlines-Flug MH17 an, der 60 Kilometer entfernt von Donezk liegt. Die Passagiermaschine mit 298 Insassen war am Donnerstag mutmaßlich abgeschossen worden.

+++EU hilft der Ukraine bei Reform des Polizeiapparats+++

Die Europäische Union entsendet eine zivile Expertenmission in die Ukraine, um das Land bei der Reform seiner Polizei zu unterstützen. Die von den EU-Außenministern am Dienstag in Brüssel offiziell beschlossene Mission wird mit einem Budget für die Startphase bis Ende November von fast 2,7 Millionen Euro ausgestattet und soll ihr Hauptquartier in Kiew haben. Zunächst ist das Mandat der Expertengruppe auf zwei Jahre begrenzt.

Die EU hilft der benachbarten Ukraine, die zahlreiche wirtschaftliche Probleme und einen politischen Umbruch zu bewältigen hat, in vielen Bereichen. Die unbewaffnete Expertenmission solle die Regierung in Kiew dabei beraten, den zivilen Sicherheitsapparat zu erneuern, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Dazu zähle neben der Polizei auch die Rechtsstaatlichkeit.

+++„NY Times“: Wrackteil der Boeing weist auf Raketen-Treffer hin+++

Ein durchlöchertes Wrackteil der in der Ostukraine abgestürzten Boeing weist laut einem Bericht der „New York Times“ (NYT) auf einen Raketentreffer hin. Schrapnell-Spuren seien ein Hinweis darauf, dass das Flugzeug durch eine Rakete mit Überschallgeschwindigkeit zerstört wurde, sagten Experten des Verteidigungs-Fachverlags IHS Janès nach Auswertung eines von einem NYT-Fotografen aufgenommenen Trümmerteils. Unter anderem wurde der abgeplatzte Lack an der Außenseite des vom Flugzeugrumpf stammenden Wrackteils als ein Beleg angeführt.

Die Experten vermuten, dass das Flugzeug der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord am Donnerstag durch die Rakete eines russischen „Buk“-Flugabwehrsystems getroffen wurde. Die USA verdächtigen prorussische Separatisten, die Zivilmaschine mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben.

+++Ashton: Noch keine neuen Sanktionen gegen Russland zu erwarten+++

Die Europäische Union wird am Dienstag noch keine verschärften Sanktionen gegen Russland beschließen. Dies machte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu Beginn eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel deutlich. Es gehe lediglich darum, den EU-Botschaftern Anweisungen für die weitere Ausarbeitung solcher Sanktionen zu geben. Es ist das erste Treffen der EU-Außenminister seit dem Absturz einer Boeing über der Ostukraine in der Vorwoche.

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten am 16. Juli beschlossen, bis Ende Juli sollten auch russische Firmen und Finanziers der Separatisten in der Ostukraine auf eine schwarze Liste der EU gesetzt werden. Die Minister hätten verschiedene Möglichkeiten zu Entscheidungen, sagte Ashton.

Die EU werde bei allen Entscheidungen darauf achten, dass die Interessen der niederländischen Regierung nach dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine gewahrt blieben. „Wir fordern Russland auf, zu tun, was es tun kann. Und es kann und muss sicher mehr tun, damit jene, die sich als Separatisten verstehen, die Botschaft verstehen, dass dies keine hinnehmbare Situation ist“, sagte Ashton.

EU-Minister beraten über schärfere Sanktionen gegen Russland

Die Außenminister der 28 EU-Staaten kommen am Dienstagvormittag zusammen, um unter anderem über schärfere Sanktionen gegen Russland nach dem Absturz eines malaysischen Passagierflugzeugs in der Ostukraine zu beraten. Nach Angaben von Diplomaten ist jedoch ungewiss, ob es bei dem Treffen in Brüssel schon konkrete Beschlüsse darüber geben wird, welche russischen Firmen auf eine schwarze Liste der EU gesetzt werden.
Die Minister wollen auch grundsätzlich über die Beziehungen zwischen der EU und Russland sprechen. Sie werden die Forderung nach einer unabhängigen und internationalen Untersuchung des Absturzes des Flugzeugs bekräftigen. Zugleich wollen die Minister Russland erneut auffordern, die Unterstützung der Separatisten in der Ukraine zu beenden und Waffenlieferungen an diese zu verhindern.

Am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat per Resolution eine unabhängige Untersuchung des mutmaßlichen Abschusses einer Passagiermaschine über der Ostukraine gefordert. Alle 15 Mitglieder des Gremiums stimmten dem Papier bei einer kurzfristig einberufenen Sitzung am Montag in New York zu. Dem ursprünglich von Australien eingebrachten Entwurf hatten sich schon vor der Abstimmung zahlreiche weitere Länder angeschlossen. Russland hatte zunächst einen eigenen Resolutionsentwurf eingebracht, dann aber einer gemeinsam überarbeiteten Version des australischen Entwurfs zugestimmt.

Die Resolution fordert eine "umfassende, tiefgreifende und unabhängige Untersuchung" des Absturzes von Flug MH17 mit fast 300 Menschen an Bord über dem Osten der Ukraine, bei der die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO eine "zentrale Rolle" spielen soll. Zudem fordert sie sofortigen ungehinderten Zugang für die Experten zur Unglücksstelle. Im Fall der Nichtbefolgung droht die Resolution allerdings keine Konsequenzen an. Sie verurteilt den mutmaßlichen Abschuss des Flugzeugs und spricht den Angehörigen der Opfer Beileid aus.

+++Separatisten übergeben Flugschreiber an malaysische Delegation+++

In der Nacht zum Dienstag wurden die Flugschreiber von pro-russischen Separatisten an eine malaysische Delegation übergeben. Dies berichtete der Korrespondent des US-Nachrichtensenders CNN in der Nacht zum Dienstag. Malaysias Ministerpräsident Najib Razak hatte am Montag angekündigt, er habe eine entsprechende Übereinkunft mit dem ostukrainischen Separatistenführer Alexander Borodaj erreicht. Eine Delegation von zwölf Experten aus Malaysia hatte nach Angaben der russischen Agentur Interfax den Tag über in Donezk mit den Separatisten verhandelt.

Ein malaysischer Experte hält den Flugschreiber von Flug MH17 in der Hand, der ihm von Separatisten übergeben wurde.
Ein malaysischer Experte hält den Flugschreiber von Flug MH17 in der Hand, der ihm von Separatisten übergeben wurde.

© rtr

Borodaj sagte bei der Übergabe der Black Boxes am frühen Dienstagmorgen, sie "werden die Wahrheit enthüllen". Er bestritt Anschuldigungen, nach denen die Separatisten das Flugzeug abgeschossen hätten. "Wir haben nicht die technische Fähigkeit, dieses Flugzeug zu zerstören", sagte Borodaj. Nach malaysischen Angaben scheinen die Flugschreiber in gutem Zustand zu sein. Malaysia werde die Black Boxes zunächst aufbewahren und dann an die zuständigen Untersuchungsstellen übergeben, sagte Oberst Mohamed Shukri, der die Beweisstücke in der Ukraine in Empfang genommen hatte.

+++Zug mit Opfern fährt Richtung Charkiw+++

Der Zug mit den Überresten von 251 Flugzeuginsassen verließ am Montagabend die Stadt Tores Richtung Charkiw. "Der Zug wird von einer Lokomotive der Eisenbahn Donezk gezogen", sagte ein Bahnsprecher nach Angaben der russischen Agentur Interfax. Zuvor hatten Experten vier Kühlwaggons kontrolliert und versiegelt. Dazu kommt ein Wagen mit persönlicher Habe der Opfer und Begleitpersonal. Im 300 Kilometer entfernten Charkow richten niederländische Spezialisten ein Zentrum zur Identifizierung der Opfer ein. Die Niederlande wollen jedoch die Opfer so schnell wie möglich außer Landes bringen. "Die Identifizierung geht in den Niederlanden viel schneller", sagte Ministerpräsident Mark Rutte im Parlament in Den Haag. Auf dem Flugplatz von Charkow steht eine Hercules-Maschine der niederländischen Streitkräfte bereit. Nach ukrainischen Angaben wurden an der Absturzstelle 282 Leichen und 87 Körperteile gefunden.

Wenige Stunden vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York präsentierte der russische Generalstab am Montag in Moskau Satellitenaufnahmen und Karten mit Flugbahnzeichnungen vom Absturztag. Das Militär forderte die Ukraine auf, Auskunft über einen Kampfjet zu geben, der sich der Unglücksmaschine genähert haben soll. Kiew müsse auch die Gründe für die Stationierung des Flugabwehrsystems "Buk" im Separatistengebiet erklären, da die Aufständischen nicht über Flugzeuge verfügten. Die Separatisten lenkten nach heftiger Kritik am Umgang mit Absturzopfern allmählich ein und erleichterten die Arbeit der Experten damit.

+++Russland verlangt von USA Veröffentlichung von Beweisen+++

Nach Angaben des russischen Militärs näherte sich ein Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 der Malaysia-Airlines-Boeing am Donnerstag bis auf fünf Kilometer. So ein Kampfjet sei mit Luft-Luft-Raketen bewaffnet, die auf diese Entfernung ein Ziel hundertprozentig zerstören könnten, sagte Generalleutnant Andrej Kartopolow vom russischen Generalstab. Er rief die Amerikaner auf, eigenes Kartenmaterial vom Absturztag zu veröffentlichen.
Die USA verdächtigen die Separatisten, die Zivilmaschine mit 298 Menschen an Bord mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben.
Zuvor hatte die Ukraine behauptet, umfassende Beweise - darunter Satellitenaufnahmen - dafür zu haben, dass die prorussischen Kräfte mit einem „Buk“-System auf die Boeing 777-200 geschossen hätten.
Beobachter befürchten, dass wegen der tagelangen Behinderungen durch die Separatisten und Eingriffen in das Trümmerfeld eine exakte Ermittlung der Absturzursache kaum mehr möglich ist. Angehörige klagen über mangelnden Respekt vor den Toten.
Die moskautreuen Kräfte kämpfen für die Abspaltung von der Ukraine. Die russisch geprägte Region Donbass erkennt die proeuropäische Führung in Kiew nicht an. Bei den Kämpfen starben bislang Hunderte Menschen. (dpa/AFP)

Zur Startseite