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Jan van Aken

© pa/dpa

Nach Anti-Atom-Protesten: Immunität von vier Linken-Bundestagsabgeordneten aufgehoben

Vor zwei Jahren haben mehrere Linken-Politiker zum "Schottern" aufgerufen, eine Aktion gegen den Castor-Transport. Am Donnerstag hob der Bundestag deshalb nun die Immunität von vier Bundestagsabgeordneten auf.

Von Matthias Meisner

Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen die Immunität von vier Linken-Bundestagsabgeordneten aufgehoben. Ihnen wird vorgeworfen, sich 2010 beim Castor-Transport in Niedersachsen an einem Aufruf zum „Schottern“ beteiligt zu haben. Darunter wird das Herauswühlen von Steinen aus dem Gleisbett entlang der Strecke verstanden.

Die Linke stimmte gegen das Vorgehen, das zuvor vom CDU-Politiker Thomas Strobl, dem Vorsitzenden des Immunitätsausschusses verteidigt worden war. Der stellvertretende Linken-Vorsitzende Jan van Aken, einer der Betroffenen, sprach von einem „lächerlichen Versuch, legitime Mittel des zivilen Ungehorsams zu kriminalisieren“. Rein juristisch gesehen sei seine Erklärung "gar keine Aufforderung zu einer Straftat, sondern eine Absichtserklärung, die gar nicht strafbar ist". Politisch sei "dieser Versuch der Kriminalisierung noch viel haltloser, denn nicht das Schottern gegen den Castor ist ein Verbrechen, sondern die Atompolitik der Bundesregierung". Sein Fraktionskollege Diether Dehm argumentierte ähnlich: „Die blamable Art, wie sich Grüne und sogar linke Sozialdemokraten von ihrer eigenen Geschichte des Protests und des zivilen Ungehorsams verabschieden, zeigt, dass die Atomkonzerne und ihre Lobby nichts an ihrer Strahlkraft eingebüßt haben.“ Dehm sagte im Bundestag: "Wir werden den Nachweis führen, dass die Gefahr für Leib und Leben von den Castor-Transporten und nicht von den Protestierenden ausging."

Den Aufruf zum "Schottern" hatten außer van Aken und Dehm auch die beiden NRW-Bundestagsabgeordneten Inge Höger und Sevim Dagdelen unterstützt. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg will gegen die Abgeordneten einen Strafbefehl wegen „öffentlicher Aufforderung zu einer Straftat“ erwirken. Die stellvertretende Linke-Fraktions- und Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht hatte bereits im April durch Zahlung von 500 Euro der Einstellung des Verfahrens zugestimmt, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigte. Mehreren Unterzeichnern war die Einstellung des Verfahrens angeboten worden, wenn sie an gemeinnützige Organisationen spenden. Van Aken sagte dazu: "Wir in der Linken-Bundestagsfraktion hatten damals gemeinsam entschieden, dass wir nicht auf dieses Angebot eingehen werden, um ein für alle Mal die Legalität der Schottererklärung feststellen zu lassen." Wagenknecht hat sich an diese Verabredung demnach offenbar nicht gehalten.

Insgesamt wurden gegen rund 1750 Personen Ermittlungen eingeleitet. Etwa 450 seien inzwischen eingestellt worden, hieß es. Wegen der Proteste war zunächst gegen rund 20 Abgeordnete aus Landtagen und dem Bundestag ermittelt worden. „Schottern“ ist auch unter Atomkraftgegnern umstritten. Die Initiatoren der Kampagne sehen darin einen legitimen Akt des Widerstands. (mit dpa)

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