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Nach bin Ladens Tod: Obama bereitet Rede an muslimische Welt vor

US-Präsident Barack Obama sieht im Tod Osama bin Ladens einen Wendepunkt im Verhältnis zur islamischen Welt und dem arabischen Raum – Terrorexperten werten die Notizen des Al-Qaida-Chefs aus.

Laut „New York Times“ bereitet er eine Rede vor, wohl für kommende Woche: Al Qaida sei die Vergangenheit, die Proteste mit dem Ziel der Demokratisierung sind die Zukunft.

Parallel werten Experten die Computer und Datenträger aus, die das Einsatzteam in bin Ladens Haus in Pakistan gefunden hat. Sie würden dabei mehr über die Organisationsstruktur und die Konflikte innerhalb Al Qaidas erfahren als über neue Anschlagspläne, schreibt die „Washington Post“. Bin Ladens Denken sei darauf fixiert gewesen, einen neuen Anschlag in den USA mit ähnlicher Wirkung wie bei der Zerstörung des World Trade Centers in New York 2001 zu verüben. Er habe immer wieder entsprechende Aufforderungen an Al-Qaida-Zellen verschickt. Doch die hätten seine Fixierung auf die USA als Fehler betrachtet, erstens, weil die Vorbereitung auf Grund der Sicherheitsmaßnahmen zu schwierig geworden seien, und, zweitens, weil sie keine Vergeltungsmaßnahmen auf sich ziehen wollten. Anschläge im Jemen, in Somalia und Algerien seien einfacher und gefahrloser.

Bin Laden habe nur noch losen Kontakt zu früheren Weggefährten gehabt und nicht einmal gewusst, wo sich Ayman al Zawahiri, die Nummer zwei der Al Qaida, aufhält. Man habe herausgefunden, dass Al Qaida bei der Rekrutierung potenzieller Terroristen in den USA „in jüngsten Jahren außerordentlich passiv“ gewesen sei. „Sie haben keine Anwerber in Moscheen in Amerika“, korrigierte ein namentlich nicht genannter Experte ein verbreitetes Bild in den USA. Die neuen Erkenntnisse bestätigten zudem, dass die im Jemen beheimatete Al Qaida der arabischen Halbinsel derzeit die aktivste Untergruppe sei. Aber auch zu ihr habe bin Laden keinen direkten Kontakt gehabt.

In seiner Rede plant Obama ein breiteres Bild davon zu zeichnen, was die Veränderungen in Nordafrika und im Nahen Osten insgesamt bedeuten. Er möchte auch das jüngste Abkommen zur Versöhnung der Fatah und der Hamas in Palästina in die Analyse einbeziehen und nicht mehr, wie zeitweise spekuliert wurde, eine gesonderte Rede halten, in der er einen neuen Anlauf zu einem Friedensabkommen zwischen Israel und Palästina skizziert. Am Dienstag kommender Woche empfängt Obama den König von Jordanien und am Freitag Israels Premier Netanjahu.

Der Präsident will nach Aussagen enger Mitarbeiter eine Brücke schlagen zwischen Herz und Verstand. Er begleite die Demokratisierungsbestrebungen mit großer Hoffnung. Die historische Analyse lege aber nahe, dass sie nicht überall raschen Erfolg haben werden. Er habe 50 bis 60 Beispiele des Übergangs von der Diktatur zur Demokratie analysieren lassen. Ägypten könne sich wie Südkorea entwickeln, Syrien wie Rumänien. Obama habe ein sehr realistisches Bild, wie viel Zeit nötig und wie begrenzt Amerikas Einfluss sei. Er kenne die Erfahrung seines Vaters, der nach einer Spitzenausbildung in den USA nach Kenia zurückkehrte und immer wieder an Grenzen der Modernisierungsfähigkeit wie Korruption und Stammeskonflikte stieß.

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