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Fritz Kuhn feiert den Sieg mit seinen Parteikollegen.

© dpa

Nach der Stuttgarter OB-Wahl: Warum die Grünen erfolgreicher als die CDU sind

Der Wahlsieger der Stuttgarter OB-Wahl Fritz Kuhn will den Kita-Ausbau voranbringen und bei Stuttgart 21 kompromisslos bleiben. Für den Erfolg der Grünen hat er eine Erklärung - die allerdings ein wenig seltsam klingt.

In der „Alten Kanzlei“ im Herzen Stuttgarts hat früher die baden-württembergische CDU gerne ihre Erfolge erklärt, bei gutbürgerlichem schwäbischem Essen im Restaurant oder in den Tagungsräumen. Dorthin hat nun Fritz Kuhn die Presse geladen. Es ist der Tag nach seinem klaren Wahlsieg bei der Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl.

Er sitzt im Raum „Coco“ vor einem Strauß Sonnenblumen und zahllosen Mikrofonen und erklärt den grünen Erfolg – nicht zuletzt der CDU. „Die Grünen sind in Baden-Württemberg und Stuttgart hegemonial geworden“, sagt der 57-Jährige. „Sie beherrschen auf eine positive und freundliche Art die Diskurse, die wichtig sind.“ Anders sei nicht zu erklären, dass man „den Ministerpräsidenten des Landes und den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt“ stelle.

Die CDU, fährt er fort, sei dagegen „in den Hauptstädten nicht mehr mehrheitsfähig“. Bei den Schwarzen sei die „Atmung des großstädtischen Lebensgefühls verklebt“. Sie habe keinen Bezug zu den modernen Themen, „und wenn, dann zu spät“. So sei die CDU jetzt auch für Ganztageskindergärten. Aber als er 1992 mit dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel die Möglichkeit einer schwarz-grünen Koalition auf Landesebene sondiert habe, da seien längere Öffnungszeiten „für den Erwin eine Vorstellung wie vom Mars“ gewesen.

Die Grünen sind die eigentliche „bürgerliche“ Partei – das ist Kuhns Kernbotschaft. Die Aufteilung, nach der das bürgerliche Lager aus CDU und FDP bestehe und der Rest aus SPD und Grünen, sei „so falsch, wie sie nur falsch sein kann“, sagt er. „Die Grünen sind breit ins Bürgertum eingedrungen.“

Für Stuttgart stimmt das auf jeden Fall. In der Landeshauptstadt stellt die Partei seit 2009 die größte Fraktion im Rathaus, 2011 hat sie drei von vier Direktmandaten gewonnen, bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag in den Innenstadtbezirken mehr als 60 Prozent erhalten.

Als Lehrstück für die Bundestagswahl 2013 will Kuhn, der sein Bundestagsmandat bis zu seinem Amtsantritt als OB am 7. Januar 2013 behalten will, seinen Wahlkampf aber nicht verstanden wissen. „Ich bin keiner, der aus den Stuttgarter Höhen und Tiefen Berlin kommentieren wird.“ Dafür kommentiert er Spekulationen, er könne möglicherweise irgendwann den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann beerben: „Ich bin jetzt als OB in Stuttgart gewählt und das will ich machen und sonst nichts.“

Das Projekt in unserer Grafik.
Das Projekt in unserer Grafik.

© Tsp/Bartel

Was er als Erstes machen will, kündigt Kuhn auch gleich an: „Auf der Tagesordnung ganz oben steht der Kita-Ausbau, da müssen wir uns sputen. Ich möchte auch sehr rasch eine Konzeption zur Feinstaubbekämpfung vorlegen.“ Mittelfristig will er erreichen, dass in Stuttgart „20 Prozent weniger Autos in den Kessel fahren“. Und beim Reizthema Stuttgart 21 kündigt er einen kompromisslosen Kurs gegenüber der Bahn an. Die Bahn müsse bezüglich der Kosten und des Zeitplans Transparenz zeigen. „Dass die Stadt der Bahn hinterherläuft, das wird vorbei sein, wenn ich im Amt bin.“

Für ihn gelte der Volksentscheid – aber auch der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro. „Ich sehe nicht ein, dass die Stadt mehr zahlen soll.“ Dann zeigt er der Bahn das Folterwerkzeug: Schließlich gebe es seines Wissens nach einen gültigen Beschluss des Gemeinderats, dass es über eventuelle Mehrkosten für die Stadt einen Bürgerentscheid in Stuttgart geben solle.

Konkreter will er in dieser Übergangszeit nicht werden. „Ich werde bis zum 7. Januar nicht so tun, als wäre ich schon im Amt.“ Nach einer halben Stunde ist die Pressekonferenz vorbei. Vor dem Tagungsraum stehen Brezeln bereit. Die Brezel war das Wahlkampfsymbol von Sebastian Turner, dem unterlegenen Kandidaten der CDU. Sie ist nun auch in grüner Hand.

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