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Nach der Wahl: In Opposition vereint: Rot-Rot-Grün

Nach der Pleite der SPD im Bund werden Forderungen nach rot-rot-grünen Bündnissen auf Länderebene lauter. Ein rot-rot-grüner Sammlungsversuch über die Länder hat aber seine Tücken.

Das Ergebnis der Bundestagswahl vom Sonntag – es war ein gelinder Schock nicht nur für die Sozialdemokraten, sondern auch für Linke und Grüne. Denn der Wahlerfolg von Union und FDP hat die seit 1998 und auch während der großen Koalition bestehende Mehrheit links der Mitte beendet. Die Träume von Rot-Rot- Grün auf Bundesebene sind vorerst zerplatzt. Also richtet sich der Blick der Parteistrategen auf die Länder: SPD, Linke und Grüne sollen dort eine Art oppositionelle Sammlungspolitik betreiben, eine Phalanx gegen Schwarz-Gelb bilden und über den Bundesrat eine Gegenmacht zur Bundesregierung organisieren.

Vor allem die Linke macht Druck, aber auch SPD-Landespolitiker und Spitzen-Grüne fordern schon, möglichst viele rot-rote oder rot-rot- grüne Bündnisse zu bilden – aktuell im Saarland und Thüringen, wo jetzt die ernsthaften Koalitionsgespräche beginnen. Natürlich werden auch Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ins Auge gefasst werden: Dort regieren jetzt SPD und Union zusammen, aber rot-rote Kabinette wären auch möglich. Gewählt wird dort 2011.

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine setzt nicht zuletzt auf die Länderkammer: „Der Bundesrat wird ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken“, sagt er, und wie man damit umgehen kann, weiß er genau: 1997 nutzte der damalige SPD-Chef und saarländische Ministerpräsident die neu entstandene Mehrheit von Rot-Grün in den Ländern, um der Regierung Kohl ihre schwindende Basis vor Augen zu führen und mit einer Blockade der Steuerreform den Regierungswechsel 1998 mit vorzubereiten. Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin setzt auf eine koordinierte Oppositionsstrategie über die Länder und den Bundesrat. Das Stimmgewicht der Grünen im Bundesrat solle durch möglichst viele Koalitionsbeteiligungen in den Ländern wachsen.

Freilich hat Schwarz-Gelb mit dem Sieg von CDU und FDP in Schleswig-Holstein seit Sonntag eine eigene Bundesratsmehrheit. Und wenn das Wahlergebnis im Norden nicht noch durch Verfassungsklagen gekippt wird, ist diese Mehrheit bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im kommenden Mai sicher. Also lautet das Ziel von Rot-Rot-Grün: NRW muss unser werden. Das ist auch denkbar – das Landesergebnis der Bundestagswahl lautete nur 48 zu 47 zugunsten von Schwarz- Gelb. Allerdings ergab die letzte Umfrage zur Landespolitik einen soliden Vorsprung von CDU und FDP. Wenn der Regierungswechsel in NRW nicht kommt, kann die Regierung Merkel/Westerwelle relativ geruhsam weitermachen. Die Bundesratsmehrheit wäre dann bis 2013 sicher, denn dass Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg 2011 verliert, gilt als eher unwahrscheinlich.

Eine rot-rot-grüne Regierung in Düsseldorf würde aber noch nicht bedeuten, dass SPD, Linke und Grüne über den Bundesrat die Bundesregierung ans Gängelband nehmen könnten. Denn so einfach sind die Verhältnisse zwischen Bund und Ländern nicht. Ein wenig könnte sich die erste Föderalismusreform von 2005 auswirken, denn mit ihr ist der Einfluss des Bundesrats beschnitten worden. Die Zahl der Zustimmungsgesetze sank zwar seither nur von über 50 auf 43 Prozent in der abgelaufenen Legislaturperiode. Aber da die große Koalition bis Jahresanfang eine eigene Mehrheit hatte, wurden die Möglichkeiten der Bundesregierung, am Zustimmungserfordernis im Bundesrat vorbeizukommen, längst nicht ausgereizt.

Weit gravierender waren aber die Beschlüsse zur Schuldenbremse im Frühjahr. Damals bildete sich eine Allianz des Bundes und der starken Länder (alle schwarz-gelb regiert) gegen die schwächeren. Die sind durch die verabredeten Schuldenhilfen noch stärker unter die Fuchtel des Bundes geraten. Eine Politik gegen Schwarz-Gelb in Berlin – für das Saarland,Bremen oder auch Sachsen-Anhalt wäre das eine eher gewagte Sache. Und Schleswig-Holstein und Hamburg werden das Debakel ihrer gemeinsamen Landesbank ohne die Unterstützung des Bundes wohl kaum aufarbeiten können. Ob die Hamburger Grünen, die mit der CDU regieren, sich da in eine aus Berlin gesteuerte Oppositionsstrategie à la Trittin einspannen lassen, ist keineswegs sicher.

Angesichts der geringen Finanzautonomie der Länder hätten Merkel und Westerwelle somit wohl mehrere Kandidaten im Länderkreis, die man sich aus finanz- oder regionalpolitischen Gründen zum Freund machen kann, wenn eine eigene Mehrheit fehlt. Und im Zweifelsfall rangiert bei Landespolitikern der eigene Verantwortungsbereich meist vor der Bundespolitik.

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