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Nach der Wahl: Koalition will von Krise nichts wissen

Schwarz-Gelb sieht im Ablauf der Wulff-Wahl keinen Makel – und setzt jetzt auf Sacharbeit. Eine Debatte über das eigene Erscheinungsbild soll es nicht geben.

Von Lutz Haverkamp

Unmittelbar nach der Zitterpartie um die Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten wollen die Spitzen der Regierungskoalition möglichst keine Debatte über das eigene Erscheinungsbild aufkommen lassen und sich stattdessen um Sachthemen kümmern. Wulff war am Mittwochabend erst im dritten Wahlgang zum neuen Staatsoberhaupt gewählt worden, obwohl die schwarz-gelbe Koalition in der Bundesversammlung über eine eigene Mehrheit verfügte.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am späten Abend gegen Mutmaßungen gewandt, die Arbeit ihrer Regierung könnte wegen der Schlappe für Wulff in den ersten beiden Wahlgängen schwieriger werden. Sie versicherte: „Das glaube ich nicht, denn zum Schluss haben wir ein sehr überzeugendes Resultat gehabt.“ Jetzt komme es „darauf an, dass die Regierung ihre Arbeit macht“.

Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle beurteilte die Situation ähnlich: „Ich sehe in der Tatsache, dass es drei Wahlgänge gegeben hat, keinerlei Belastungen“, sagte der Außenminister am Donnerstag. Am Ende habe es für Wulff eine „sehr klare Mehrheit“ gegeben. „Ich finde, dass die Politik insgesamt, auch die Koalition, sich weniger mit sich selbst beschäftigen sollte, sondern mit der Lösung der Probleme, die wir für unsere Bürger auch lösen müssen“, sagte Westerwelle. Alle, die vor der Bundesversammlung an einer freien Wahl gezweifelt hätten, hätten sich getäuscht. Wulff selbst sagte am Donnerstagabend in der ARD, man solle es nicht kritisieren, sondern akzeptieren, dass es auch aus den Reihen der Koalition Stimmen für seinen Gegenkandidaten Joachim Gauck gegeben habe.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte von Merkel mehr Führung und mahnte mehr Sacharbeit an: „Inhaltlich müssen wir wesentlich stärker und besser werden.“ Die Bevölkerung könne „nur durch Tun“ überzeugt werden, sagte der bayerische Ministerpräsident und fügte hinzu: „Wenn ich das dann einfordere, dann bin ich gerne der Streithansel und der Querulant.“ Ab sofort müsse die schwarz-gelbe Koalition die „gewaltigen Themenfelder“ wie die Gesundheitsversorgung und die Haushaltssanierung angehen.

Kritik am Zustand der Koalition kam allerdings aus den Bundesländern. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wertete Wulffs Wahl als verpasste Chance für „einen Neustart der Koalition“. Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) bezeichnete das Verhalten der Abweichler als „eine Art Ausrufezeichen und die Aufforderung: Beschäftigt euch mal mit euren inneren Problemen.“

Unterdessen trat der 39-jährige CDU-Politiker David McAllister Wulffs Nachfolge als niedersächsischer Ministerpräsident an. McAllister wurde am Donnerstag vom Landtag in Hannover in sein Amt gewählt. Der damit derzeit jüngste Landeschef der Bundesrepublik kündigte an, an den Regierungskurs seines Vorgängers anknüpfen zu wollen.

Wulff schaute sich zunächst inoffiziell seinen neuen Arbeitsplatz an, der aber nicht zum Domizil für seine Familie werden soll. Er fuhr am Donnerstag ins Schloss Bellevue, wo er am heutigen Freitag offiziell seine Amtsgeschäfte aufnehmen wird. Vorher wird er in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat seinen Amtseid ablegen. mit dpa

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