zum Hauptinhalt

Nach Mord an Atomwissenschaftler: Iran verdächtigt israelischen Geheimdienst

Im Iran ist wieder ein Atomwissenschaftler Opfer eines Bombenattentats geworden. Was steckt hinter dem Anschlag und wie wirkt er sich auf das Verhältnis zwischen Teheran und dem Westen aus?

Der Mordanschlag hat die gespannte Lage zwischen dem Iran und der westlichen Welt weiter verschärft. Wie die Nachrichtenagentur Fars berichtete, wurde der 32-jährige Mostafa Ahmadi Roshan am Mittwoch im Norden Teherans durch eine Magnetbombe getötet, die ein Motorradfahrer nach Angaben von Zeugen unter seinem Wagen platziert hatte. Auch der Fahrer des Wissenschaftlers kam bei der Explosion ums Leben, ein weiterer Begleiter wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Fernsehbilder zeigten den zertrümmerten Peugeot der Opfer, bevor er von einem Lastwagen abtransportiert wurde. Laut Website der renommierten Sharif-Hochschule, wo Roshan vor zehn Jahren sein Chemieexamen ablegte, arbeitete er zuletzt als Vizedirektor in der Urananreicherungsanlage von Natans.

Regierung und Parlament in Teheran verurteilten die Tat mit scharfen Worten. Sie trägt die gleiche Handschrift wie vier weitere Attentate der letzten beiden Jahre. Vizepräsident Mohammad Reza Rahimi sprach im Staatsfernsehen von einem „Werk israelischer Agenten“ und bekräftigte, der Iran werde sich nicht daran hindern lassen, sein Atomprogramm weiter voranzutreiben. Im Januar 2010 war ein Forscher vor seinem Haus durch eine ferngezündete Bombe getötet worden, die auf ein Motorrad geschnallt war. Im November 2010 verletzte eine Magnetbombe einen Atomexperten tödlich, ein zweiter konnte sich gerade noch aus seinem Auto retten, bevor der Sprengsatz explodierte. Im Juli 2011 erschoss ein Motorrad-Angreifer einen Atomphysiker, als dieser mit seiner Frau vor dem Kindergarten auf seine Tochter wartete.

Zu allen Taten hat sich niemand bekannt, auch gelang es den iranischen Ermittlern bisher nie, irgendeinen Verdächtigen zu ermitteln oder festzunehmen. Theodore Karasik, Sicherheitsexperte am Institut für militärische Analyse im Nahen Osten und am Golf (Inegma) mit Sitz in Dubai, wertet darum die Morde auch als Indizien für eine verdeckte Kriegführung, die das iranische Atomprogramm torpedieren soll. Die Verwendung magnetischer Bomben trage die Züge verdeckter Operationen, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur AP. „Es ist eine sehr verbreitete Art, jemanden zu eliminieren – sauber, leicht und effizient.“ Die französische Zeitung „Le Figaro“ schreibt am Mittwoch, der israelische Geheimdienst Mossad habe seine Präsenz im Kurdengebiet Iraks, das an den Iran grenzt, verstärkt. So würden dort iranische Dissidenten angeworben, die dann mit Missionen im Iran beauftragt würden. Die Zeitung stellt aber keinen direkten Zusammenhang mit dem aktuellen Anschlag her.

Das neuerliche Attentat kommt zu einem Zeitpunkt, da sich die Spannungen zwischen dem Iran und dem Westen immer weiter hochschaukeln. Erst kürzlich hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien bestätigt, die Islamische Republik habe nun auch in einer zweiten unterirdischen Bunkeranlage nahe der Stadt Qom mit der Anreicherung von Uran begonnen. Am 23. Januar will die Europäische Union über weitere Sanktionen beraten, ins Auge gefasst sind ein Boykott iranischen Öls sowie eine Isolierung der Zentralbank des Landes. Die EU ist nach China der weltweit zweitgrößte Abnehmer iranischen Öls. Parallel dazu reiste US-Finanzminister Timothy Geithner nach Peking, um die chinesische Führung für einen Ölboykott zu gewinnen – offenbar ohne Erfolg. Saudi-Arabien kündigte an, es werde entstehende Lücken durch die Steigerung seiner Produktion ausgleichen. Die schärferen Sanktionen der USA Ende 2011 haben im Iran bereits schwere Währungsturbulenzen ausgelöst. Das Regime blockiert seit kurzem alle SMS-Mitteilungen, in denen das Wort Dollar vorkommt, um die Panikkäufe von ausländischen Devisen einzudämmen.

Anfang des Jahres hatte die iranische Führung gedroht, sie werde im Falle eines militärischen Angriffs die Straße von Hormus für die internationale Schifffahrt blockieren. Durch die Meerenge laufen 35 Prozent der Welterdöltransporte. Der Oberkommandierende der US-Marine, Admiral Jonathan Greenert, äußerte sich sehr besorgt über die Lage, die den Rohölpreis in den letzten zwölf Tagen bereits um fünf Prozent in die Höhe schnellen ließ. Die wachsende Gefahr eines kriegerischen Konflikts im Persischen Golf raube ihm den Schlaf, sagte er in einem Fernsehinterview. mit an

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false