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Das Geburtshaus von Joseph Ratzinger in Marktl, Oberbayern.

© dpa

Nach Papst-Rücktritt: Geschockter Heimatort

Marktl, der Geburtsort Joseph Ratzingers, hat in der Vergangenheit stark von seinem berühmten Sohn profitiert. Wie ist der Rücktritt des Papstes dort aufgenommen worden?

Der Papst ist zurückgetreten – und die Tourist-Info von Marktl am Inn hat die Räume aufgesperrt, die in den Wintermonaten eigentlich geschlossen sind. Kaum ein Besucher sucht zu dieser Jahreszeit nähere Informationen über die 2600-Seelen-Gemeinde nahe der Grenze zu Österreich. Doch nach der Nachricht kommt schnell viel Leben nach Marktl. Hier wurde Joseph Aloisius Ratzinger am 16. April 1927 geboren. In der Pfarrkirche St. Oswald wurde der spätere Papst noch am selben Tag getauft. Marktl ist der Ort, der in Deutschland am meisten mit Benedikt XVI. verbunden ist und jährlich 100 000 Besucher anzieht. Marktl ist Pope Town.

In der Tourist-Info haben sie die Papst-Kerzen zum Verkauf aufgestellt, die Bücher von ihm, das im Miniaturformat nachgebaute Geburtshaus – und natürlich den Schatz der Gemeinde: den Eintrag vom 11. September 2006 beim Papst-Besuch in das Goldene Buch. „Der Herr segne diesen mir so teuren Ort“, hat er geschrieben und unterzeichnet mit „Benedikt XVI. Papst“.

Die Ankündigung vom Montag hat den Ort in Aufruhr versetzt, auch am Faschingsdienstag geht es weiter. In der Abenddämmerung ist der Marktplatz gleißend hell ausgeleuchtet von den Scheinwerfern der Fernsehteams, die angerückt sind. Das Haus Nummer 11 wurde geöffnet, es ist das Geburtshaus des Pontifex. Die rötlich-goldene Benediktsäule, die anlässlich des Papstbesuches vor dem Rathaus errichtet wurde, ist angestrahlt.

Hubert Gschwendtner, pensionierter Englisch-Lehrer und nebenamtlicher Bürgermeister, gibt nun ein Interview nach dem anderen. Die Bäckerei verkauft Vatikanbrot, Benedikttorte und das beliebte Papst-Bier. Josef Kaiser, Pfarrer der Kirche St. Oswald, erzählt, dass er Ratzinger fünf Mal getroffen hat – „es war sehr eindrücklich“. Dass er aber ausgerechnet am Rosenmontag zurücktreten musste, findet der 62-jährige Geistliche „sehr ungünstig für uns“. Kein Gottesdienst war geplant in der närrischen Zeit, nichts.

Die Nachricht macht die Runde, dass eine Reisegruppe aus Bischöfen und Nonnen gesichtet wurde. Angeführt ausgerechnet von Walter Mixa – jenem ehemaligen erzkonservativen Augsburger Bischof, der 2010 nach heftigen Prügelvorwürfen zurücktreten musste.

Gemeinderat Walter Schneidermeier antwortet auf die Frage, welchen Einfluss der Papst auf Marktl hat: „Der Ort ist menschlich reicher geworden, aber nicht materiell.“ Es gibt Austausch mit italienischen Partnergemeinden – „der Papst verbindet sehr“. Im Ortskern jedoch sieht man weiterhin Häuserruinen, ein Gasthof steht schon lange halb verfallen da. „Der Papst bringt uns Durchgangstourismus“, sagt eine Frau, die etwas außerhalb wohnt. „Marktl nehmen die Leute in einer Stunde nebenbei mit.“

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