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Karlsruhe hat entschieden: Das Ehegattensplitting muss auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten.

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Update

Nach Urteil zur Homo-Ehe: Union plant Gesetz zu Ehegattensplitting noch vor Sommerpause

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung der Homo-Ehe beim Ehegattensplitting will die Unionsfraktion eine entsprechende Gesetzesänderung noch vor der Sommerpause im Bundestag einbringen.

Von Robert Birnbaum

Norbert Geis ist ein sehr konservativer Mensch. Er hat Frau und vier Kinder und eine Weltsicht, in der das und nur das der gottgewollten Ordnung entspricht. Aber der CSU-Abgeordnete ist zugleich ein guter Jurist. Am Donnerstag hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet, dass das Ehegattensplitting auch für Homo-Paare gelten müsse. Am Freitagmorgen steht der kleine alte Mann mit den buschigen Augenbrauen im Sitzungssaal der Unionsfraktion im Reichstag auf und sagt: „Wir werden dieses Urteil umsetzen.“ Es ist eine Kapitulation des Rechthabers vor dem Recht. Und selbst Fraktionskollegen, die den Christsozialen sonst schon mal als lebendes Fossil belächeln, finden das aller Achtung wert.

Auch die Union wird nun also noch vor der Wahl das Urteil in ein Gesetz gießen. Eigentlich war das tags zuvor schon klar, als sich der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mal wieder an die Spitze einer Bewegung gesetzt hatte, die er eh nicht stoppen konnte. Dabei hatte genau seine CSU noch im Februar Unionsfraktionschef Volker Kauder ausgebremst. Kauder, ebenfalls Jurist, wollte damals aus dem Karlsruher Adoptionsurteil den logischen Schluss ziehen, in dem die obersten Richter die sogenannte Sukzessivadoption für homosexuelle Partnerschaften erlaubt hatten – also die gemeinsame Adoption eines Kindes, bei dem einer der Partner schon Elternteil ist. Aus der Begründung ließ sich unschwer herleiten, wie das Steuerurteil lauten würde. Doch der CDU- Mann scheiterte am Einspruch der CSU. Und auch Angela Merkel zuckte zurück. So galt die alte Linie weiter, dass sich die Union in solchen gesellschaftspolitisch heiklen Fragen erst ergibt, wenn sie dazu verurteilt wird.

Das ist geschehen, die Kapitulation also folgerichtig. Trotzdem hat Kauder in aller Herrgottsfrühe die Fraktion zur Sondersitzung geladen. Soll keiner hinterher sagen, da sei wieder etwas von der Führung einfach exekutiert worden! Eine erwähnenswerte Debatte hat es dann aber gar nicht mehr gegeben. Vermerken kann man aus der nicht mal halbstündigen Sitzung allenfalls, dass Kauder der „Wilden 13“ gedankt hat, jener Gruppe vorwiegend junger Parlamentarier, die sich für die zügige und volle Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften stark gemacht hatten. Die Truppe, lobte der Fraktionschef, habe für ihr Anliegen gestritten, ohne dabei aber der Versuchung nachzugeben, sich mit der Opposition zu verbünden.

Das galt der Frauengruppe in der Fraktion, die neulich unter Führung der Ministerin Ursula von der Leyen mit eben dieser Bündnisdrohung die Verbesserung der Mütterrente ins Wahlprogramm gepresst hatte. Ob eine der Angesprochenen verlegen geguckt hat, ist nicht in Erfahrung zu bringen, weil hinterher alle behaupten, sie hätten darauf nicht geachtet.

Abgesehen von dem Geplänkel läuft aber alles glatt: Die Union wird nächsten Freitag einen Gesetzesantrag einbringen, der dann in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause beschlossen wird. Im Grunde hätte das Verfahren an diesem Freitag beginnen können; SPD und Grüne wollten einen Bundesratsantrag auf die Tagesordnung des Bundestages bringen. Die Unionsspitze lehnte dankend ab. Offiziell lautet die Begründung, nach dem Karlsruher Urteil müsse der Splitting-Vorteil rückwirkend ab 2001 gelten, also seit es die eingetragene Lebenspartnerschaft als Rechtsinstitut gibt. In Wahrheit wollen sie unbedingt in den Antrag reinschreiben, dass der Schutz der Ehe trotzdem bestehen bleibe. Kauder hat in der Sitzung Applaus geerntet für den Satz, „dass es für uns keine Homo-Ehe gibt“, nur Ehen hier und eingetragene Partnerschaften dort.

Das galt vor allem Leuten wie Thomas Bahreiß. Der hat neben den CSUlern Peter Gauweiler und Alois Karl mit Nein gestimmt. „Ich definiere Ehe anders als das Verfassungsgericht“, sagt der Baden- Württemberger. Und damit sei er nicht alleine: Wenn die Leute mitkriegten, wie teils „freudestrahlend“, teils lethargisch ihre Partei dem Gericht folge, werde wieder ein Stück Basis wegbrechen.

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