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Nahost-Friedensprozess: Hohe Erwartungen an EU-Ratspräsidentin Merkel

Vor dem Hintergrund anhaltender Kämpfe im Gazastreifen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Nahost-Reise begonnen, auf der sie die Chancen eines Friedensprozesses in der Region ausloten will.

Gaza/Kairo - Zum Auftakt der viertägigen Reise traf Merkel in Ägpyten ein, wo sie mit Präsident Husni Mubarak und mit ägyptischen Intellektuellen zusammentreffen sollte. Vor ihrer Abreise betonte Merkel, eine Lösung des Konflikts hänge auch von den Staaten im Nahen Osten ab: "Ohne die Akteure in der Region wird es nicht gehen." Im Gazastreifen wurden trotz eines vereinbarten Waffenstillstands acht Menschen bei Kämpfen zwischen den rivalisierenden Palästinensergruppen Hamas und Fatah verletzt.

Arabische Kommentatoren erklärten, die amtierende EU-Ratspräsidentin könne im Nahost-Konflikt viel bewirken. "Deutschland genießt in dieser Region - im Gegensatz zu den USA - eine hohe Glaubwürdigkeit", schrieb die Kairoer Tageszeitung "Egyptian Gazette". Die USA seien momentan zu sehr in das Chaos im Irak verstrickt, um den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern wieder anzukurbeln, "dieses Vakuum kann die Europäische Union unter der Führung Deutschlands füllen".

In ihrem wöchentlichen Podcast sagte Merkel, sie wolle auf ihrer Reise die guten Beziehungen zu Ägypten, zu Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait nutzen, "um in den Gesprächen mit Politikern vor Ort auszuloten, welche Chancen wir für einen Friedensprozess haben". Der Nahost-Konflikt gehört zu den Themen, denen sich Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 besonders widmen will. Ägypten gilt als eines der wichtigsten Vermittlerländer. Am Sonntag soll Merkel von Kairo nach Saudi-Arabien reisen, wo am Dienstag ein "Versöhnungstreffen" von Hamas und Fatah geplant ist.

Schießereien trotz Waffenruhe

Im Gazastreifen lieferten sich Anhänger von Hamas und Fatah ungeachtet eines von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Hamas-Exilchef Chaled Meschaal vereinbarten Waffenstillstands weiter teils heftige Auseinandersetzungen. Bei Ausschreitungen in mehreren Stadtteilen wurden in der Nacht zum Samstag acht Menschen verletzt. Nach Angaben von Sicherheitskräften wurden in Gaza mindestens 50 Mitglieder der Sicherheitsdienste und zehn weitere Fatah-Mitglieder von der Hamas entführt. Maskierte und schwer bewaffnete Männer bezogen hinter Sandsäcken und Betonsperren Stellung. In Chan Junis setzten Unbekannte die der Fatah nahe stehende Al-Quds-Universität in Brand. UN-Vertreter in Gaza äußerten sich "extrem besorgt" über die "Explosion der Gewalt".

Der palästinenische Ministerpräsident Ismail Hanija forderte in einem dringenden Appell ein Ende der Kämpfe. Die Bewaffneten müssten sich aus den Straßen zurückziehen, gleichzeitig solle Abbas den Sicherheitskräften befehlen, sich an den Waffenstillstand zu halten, forderte Hanija. Bei den schweren Kämpfen waren in den vergangenen Tagen im Gazastreifen mindestens 25 Menschen getötet worden.

Steinmeier optimistisch

Trotz der anhaltenden Gewalt zeigte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach dem Treffen des Nahost-Quartetts aus USA, UNO, EU und Russland in Washington optimistisch, dass dessen Bemühungen die Region langfristig stabilisieren könnten. Das Ziel sei klar, "in kleinen Schritten mehr Sicherheit für die Israelis und bessere Lebensbedingungen für die palästinensische Bevölkerung zu schaffen", sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag". Hamas und Fatah kritisierten hingegen die Entscheidung des Quartetts, den vor zwei Jahren beschlossenen Finanzboykott der Autonomiebehörde aufrecht zu erhalten. Das Quartett müsse die "ungerechte Belagerung des palästinensischen Volkes" aufheben und dessen Leiden beenden, sagte Abbas' Sprecher Nabil Abu Rudeina in Gaza.

Das Quartett hatte sich am Freitag erstmals seit fünf Monaten wieder getroffen, um über einen Neuanfang im Nahost-Prozess zu beraten. Einigkeit bestand dabei über das Ziel, rasch einen Palästinenserstaat zu schaffen. Differenzen gibt es hingegen über die Rolle Syriens. Während der russische Außenminister Sergej Lawrow sich für eine konstruktive Rolle der Regierung in Damaskus in dem Konflikt aussprach, lehnte US-Außenministerin Condoleezza Rice einen Dialog erneut ab. Rice will in Kürze zu einem Gipfel mit Abbas und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert zusammentreffen; danach soll das Nahost-Quartett wieder in Berlin zusammenkommen. (tso/AFP/dpa)

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