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Ganz in Pink: "Code Pink"-Aktivisten bei Protesten gegen die NSA.

© Larry Downing/Reuters

Update

Streit um "Toleranzpreis": Nahost-Konflikt erreicht Bayreuth

Eigentlich sollte die US-Gruppe "Code Pink" in Bayreuth ausgezeichnet werden. Nach Kritik an israelfeindlichen Positionen geht nun sogar die Oberbürgermeisterin auf Distanz.

"Deutsche Stadt vergibt 10.000 Euro-Preis an US-NGO mit Verbindungen zu Holocaust-Leugnern", titelt die israelische Tageszeitung Jerusalem Post. Gemeint ist die geplante Vergabe des Bayreuther Toleranzpreises an die amerikanische Bürgerrechtsbewegung "Code Pink" im April. Die Gruppe soll "genozidiale Gesänge" vor einer Konferenz der amerikanischen Lobby-Organisation AIPAC angestimmt haben, zitiert das Blatt Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums (SWZ). Ein Video auf Youtube soll die Vorfälle zeigen.

Das SWZ wirft der Gruppe außerdem vor, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu mit Adolf Hitler verglichen zu haben. Führende Aktivisten sollen zudem an einer "Holocaust-Leugner-Konferenz" im Iran teilgenommen haben. Der Stadt Bayreuth ist das sichtlich unangenehm, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (Bayreuther Gemeinschaft) will die Preisvergabe am liebsten absagen.

Der Stadtrat wird in der kommenden Woche neu darüber entscheiden. "Nach den derzeitigen Erkenntnissen werde ich den städtischen Gremien vorschlagen, von der Preisverleihung Abstand zu nehmen. Wir sollten uns dabei auch grundsätzliche Gedanken über die Zukunft des Preises machen", sagte Oberbürgermeisterin Merk-Erbe laut einer Pressemitteilung. Die Universität Bayreuth teilte auf Anfrage des Tagesspiegels mit, sie habe lediglich ein Vorschlagsrecht. "Zum Zeitpunkt unseres Vorschlags (Mai 2014) hatte die aufgeführte Konferenz noch nicht stattgefunden - und konnte für die Entscheidungsfindung deshalb nicht mit einbezogen werden."

Der "Jerusalem Post" sagte Rabbi Abraham Cooper, mit der Entscheidung für "Code Pink" als Preisträger entehre sich Bayreuth und die Werte, für die dieser Preis stehe.

Oberbürgermeisterin Merk-Erbe betonte, die Stadt Bayreuth sei sich ihrer historischen Verantwortung bewusst: "Aus dieser Verantwortung heraus und aus Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus und im Wissen um die Geschichte halte ich es für richtig, die Preisverleihung nicht vorzunehmen." Die Stadt habe gerade in den vergangenen Jahren ihr Engagement bei der Erinnerungskultur deutlich ausgebaut. Als Beispiel nannte die Oberbürgermeisterin eine Dauerausstellung mit dem Titel „Verstummte Stimmen“ am Richard-Wagner-Festspielhaus, die an Künstlerinnen und Künstler erinnert, die während der Nazi-Diktatur verfolgt oder ermordet wurden.

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Die Gruppe Code Pink, die auch Träger des Aachener Friedenspreises ist, war im Sommer vergangenen Jahres für den Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt ausgewählt worden. Die vor allem von Frauen getragene Gruppe engagiere sich als basisdemokratische Bewegung unter anderem für die Beendigung von militärischen Konflikten und für die Verhinderung neuer Kriege, hieß es zur Begründung.

Die Preisverleihung war im Rahmen des "Bayreuther Zukunftsforums" Mitte April in der Universität Bayreuth mit der deutsch-iranischen Schauspielerin Jasmin Tabatabai als Laudatorin geplant. Zu den bisherigen Preisträgern gehören der nigerianische Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka (2008), Prinz Hassan von Jordanien (2010) und zuletzt der evangelische Pfarrer und Begründer der Leipziger Friedensgebete Christan Führer (2014).

Der Bayreuther Toleranzpreis wird seit 2008 jährlich auf Vorschlag der Universität Bayreuth verliehen. Ausgezeichnet werden sollen Persönlichkeiten oder Gruppen, die sich international um die "kritische Reflexion europäischer Wertvorstellungen und die interkulturelle Verständigung verdient gemacht" haben. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Code Pink hat auf die Vorwürfe bisher nicht reagiert. (mit epd)

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