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Nahost-Konflikt: Israel verschärft Offensive gegen Libanon

Nach der Verschärfung der israelischen Offensive im Libanon droht ein neuer Krieg im Nahen Osten. Israels Luftwaffe griff auch die Hauptstadt Beirut an, darunter den Flughafen. Die Hisbollah plant angeblich, zwei israelische Geiseln an Iran zu übergeben.

Beirut/Jerusalem - Bei einer Welle von Luftangriffen auf Ziele im Südlibanon kamen laut Polizei 40 Zivilisten ums Leben, darunter 15 Kinder. Israel verhängte eine Blockade über das nördliche Nachbarland. Tausende flüchteten über den Landweg nach Syrien. Die Hisbollah-Miliz antwortete mit Raketenbeschuss auf nordisraelische Städte. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben. International stieß die Offensive Israels auf geteilte Reaktionen.

Die Hisbollah-Miliz im Libanon plant nach israelischen Angaben, die beiden entführten Soldaten an den Iran auszuhändigen. Der Regierung lägen dazu "genaue Informationen" vor, sagte der Sprecher des Außenamtes, Gideon Meir. Genauere Angaben machte Meir nicht. Zugleich warf er dem Iran und Syrien vor, hinter der Entführung der beiden Soldaten im israelisch-libanesischen Grenzgebiet zu stecken. Die Hisbollah könne nicht ohne die Unterstüzung aus Damaskus und Teheran agieren. Israel sehe die Hisbollah, Syrien und den Iran sowie die palästinensische Hamas-Organisation daher als "vorrangige Elemente einer Achse des Terrorismus und des Hasses" an. Sie seien nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern für die ganze Welt.

Die israelische Luftwaffe schoss Augenzeugen zufolge mehrere Raketen auf die Landebahn des Flughafens Rafik Hariri in Beirut ab. Der internationale Airport wurde nach den Angriffen gesperrt. Am Morgen flog die Armee auch Angriffe auf das südliche Beiruter Stadtviertel Haret Hreik, eine Hochburg der Hisbollah. Eine Rakete schlug im Gebäude des Hisbollah-Fernsehsenders Al Manar ein. Am Nachmittag griffen Jagdbomber erstmals Stützpunkte der libanesischen Luftwaffe in Rajak im Osten und in Koleilat im Norden des Landes an.

Im Süd-Libanon flog die israelische Luftwaffe dutzende Angriffe, um Waffenverstecke der Hisbollah zu zerstören. Nach libanesischen Polizei- und Krankenhausangaben wurden mindestens 40 Zivilisten getötet und 29 weitere verletzt. Israel verhängte zudem eine Blockade über den Libanon. Die israelische Marine drang dafür in libanesisches Gewässer ein. Sein Land werde die Angriffe so lange fortsetzen, bis die Ziele erreicht seien, betonte der israelische Generalstabschef Dan Halutz.

Libanons Regierung fordert Waffenruhe

Die libanesische Regierung forderte eine sofortige Waffenruhe. Am Abend wollte das Kabinett zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Regierungschef Fuad Siniora traf sich am Morgen mit den Botschaftern der Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrates. Tausende Menschen flohen über den Landweg nach Syrien, darunter laut Zoll allein 12.000 Einwohner aus den Golfstaaten. Die Deutsche Lufthansa strich bis Sonntag alle Flüge nach Beirut.

Die Hisbollah-Miliz schoss dutzende Katjuscha-Raketen auf Ortschaften an der Grenze zum Libanon. In der Stadt Naharija am Mittelmeer wurde eine Israelin getötet, mindestens 14 Menschen wurden verletzt. Bei einem Raketenabgriff auf die Stadt Safed wurden elf weitere Menschen verwundet. Ein Opfer erlag nach TV-Angaben wenig später seinen schweren Verletzungen. Die Hisbollah beschoss nach eigenen Angaben auch einen Luftwaffenstützpunkt und die Kommandozentrale der israelischen Armee in Nordisrael.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte ein Ende der Gewalt im Nahen Osten. Sie wolle aber daran erinnern, dass die Hisbollah-Miliz zuerst israelische Soldaten entführt habe und Raketen auf israelisches Gebiet abgeschossen habe, sagte Merkel bei ihrem Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Stralsund. Bush sagte, Israel habe das Recht, sich zu verteidigen. Beide sprachen sich für eine Stärkung der libanesischen Regierung aus.

EU kritisiert Offensive

Die EU kritisierte die israelische Offensive als "unverhältnismäßig". Aktionen, die gegen das internationale Recht verstießen, würden den Teufelskreis der Gewalt weiter verstärken, erklärte die finnische EU-Ratspräsidentschaft. Auch Frankreich, Großbritannien und Russland nannten die israelischen Angriffe unverhältnismäßig. Der EU-Außenbeaufragte Javier Solana bereitete sich auf eine diplomatische Mission in die Region vor. UN-Generalsekretär Kofi Annan will ein Vermittlerteam entsenden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas warnte vor einem "regionalen Krieg".

Die israelische Regierung hatte am Mittwochabend eine Fortsetzung ihrer Militäroffensive im Libanon beschlossen, nachdem die Hisbollah zuvor zwei israelische Soldaten im Grenzgebiet zum Libanon verschleppt hatte. Auch im Gazastreifen setzte Israels Armee ihre Offensive fort und beschoss das palästinensische Außenministerium in Gaza. Nach Angaben von Ärzten wurden mindestens zehn Palästinenser verletzt. (tso/AFP)

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